Gewichtsmanagement stellt ein oftmals missverstandenes Thema in der Sporternährung dar. Im Dschungel von unzähligen Diäten und Ernährungsstrategien kommt häufig mehr Verwirrung als Erkenntnis auf. Glauben Sie z. B. noch an den BMI? Lassen Sie sich eines Besseren belehren.
Das optimale Körpergewicht spielt im Sport eine große Rolle. Zum Teil aus ästhetischen Aspekten, jedoch hauptsächlich um die individuell höchste Leistungsfähigkeit aus dem eigenen Organismus herauszuholen. Egal ob Triathlet, Radsportler oder Läufer – wenn es bergauf geht, kann jedes überschüssige Gramm zu viel sein und wertvolle Zeit kosten. Beim Thema „Gewichtsmanagement“ geht es jedoch nicht ausschließlich um Gewichtsreduktion. Auch Untergewicht und die Gefahr, an einer Essstörung zu erkranken, sind nicht zu vernachlässigende Probleme.
Das Thema abnehmen betrifft sehr viele Menschen. Oftmals werden zur raschen Gewichtsreduktion radikale Methoden angewendet, von denen die Betroffenen auf lange Sicht nichts haben. Die schnell erzielten „leichteren“ Ergebnisse resultieren dann hauptsächlich aus Wasser- und Muskelverlusten. Dabei sollten die Maßnahmen doch dem Abbau von Körperfett dienen! Mit solchen Methoden schaden Sie unter Umständen Ihrer Gesundheit. Eine herabgesetzte Immunabwehr, Veränderungen in der Blutzusammensetzung und im Hormonhaushalt – zum Beispiel ein verringerter Testosteronspiegel – können die Folge sein. Solche Nebenwirkungen und der Verlust von wertvoller Muskelmasse wären für Sie als Sportler fatal und würden unter anderem in einer verminderten Leistungsfähigkeit münden.
Sind Sie „normal“?
Mit Sicherheit haben Sie schon einmal Ihren sogenannten „Body-Mass-Index“, den BMI, errechnet. Der BMI stellt das Verhältnis von Körpergröße zu Gewicht dar. Wer ein bestimmtes Verhältnis von Körpergröße und Gewicht aufweist, gilt als „normal“- gewichtig. Abweichungen davon werden als „über“- oder „unter“-gewichtig bezeichnet. Dies suggeriert, dass alle, die nicht „normal“- gewichtig sind, in irgendeiner Art und Weise „unnormal“ sind und etwas geändert werden muss.
Leider wird der BMI heutzutage in vielen Bereichen der Gewichtsbeurteilung zugrunde gelegt. Denn neben der Problematik, dass er auf Sportler mit hoher Muskelmasse nicht anwendbar ist, gibt es noch einige weitere Kritikpunkte. Da Muskelgewebe mehr wiegt als Fettgewebe, ergeben sich bei Sportlern im Vergleich zur Normalbevölkerung oftmals höhere BMI-Werte. Diese stufen dann den Betroffenen fälschlicherweise zu hoch ein, obwohl jeder mit bloßem Auge sehen würde, dass die Person keinesfalls übergewichtig ist.(1)
„Normal“ ist relativ
Ein „Normalgewicht“, das für alle Menschen gilt? Allein der Gedanke erscheint schon merkwürdig. Menschen sind Individuen und, wie der Name schon sagt, einzigartig und sehr unterschiedlich in ihrem Körperbau. Ein Mensch sollte nie anhand von Durchschnittswerten beurteilt werden, sondern immer seinem Körperbautyp entsprechend. Zur Beurteilung eignet sich zum Einen die Ausprägung des Merkmals Fettmasse und zum Anderen die Ausprägung des Merkmals Muskelmasse, da die Körperform eines Menschen hauptsächlich von seinen Fettpolstern und seiner Muskelmasse bestimmt wird.
Es ist also zu beurteilen, wo auf der Skala zwischen leptosom und pyknosom, die gegensätzlichen Pole des Merkmals Fettpolster, sich ein Mensch befindet.
Davon getrennt betrachtet ist es sinnvoll, die Position auf der Skala zwischen Athletiker und Hypoplastiker, die gegensätzlichen Pole des Merkmals Muskelmasse, zu bestimmen.
Beim BMI wird hierbei ein Grundproblem deutlich: Der BMI beschreibt reine Körpermasse, er unterscheidet nicht zwischen Fett-, Knochen- und Muskelmasse. Als Körperbaubeschreibung ist der BMI daher nur bedingt tauglich. Auch die Einteilung in „normal“-, „über“- und „unter“-gewichtig ist kritisch zu bewerten. So ist es tatsächlich der Fall, dass ein Großteil der Bevölkerung in die Kategorie „normal“ fällt, doch das Gewicht von molligeren oder hageren Menschen muss deshalb nicht zwingend unnormal für diejenigen sein. Für jeden Menschen gibt es ein individuelles Normalgewicht anhand dessen er beurteilt werden sollte.(1)
Ist eine Ernährungsumstellung sinnvoll?
Durch Stress, Hormone, Krankheit, Lebensumstände oder schlechte Essgewohnheiten kann es bei jedem Menschen zu Abweichungen des eigenen Idealgewichts kommen und dementsprechend kann sein Gewicht als nicht normal oder ungesund eingestuft werden. So gibt es Schlanke, die aufgrund einer Störung für ihren Körperbautyp zu dick sind, und es gibt Mollige, die für ihren Körperbautyp zu dünn sind.(1) In diesen Fällen ist es sinnvoll über neue Ernährungsstrategien nachzudenken. So gibt es die Möglichkeit innerhalb der Ernährungslehre Menschen nach Stoffwechseltypen zu beurteilen.
Hier werden den verschiedenen Körperbautypen unterschiedliche Stoffwechselaktivitäten zugeschrieben. Je nach Körperbautyp wird bezüglich des Aufbaus von Körpersubstanz, der Insulinwirksamkeit und im Hinblick auf das Verhalten des Blutzuckerspiegels ungleich reagiert. Bedeutend ist deshalb vor allem, dass die verschiedenen Stoffwechseltypen anders auf Makronährstoffe bzw. hauptsächlich auf Kohlenhydrate ansprechen.( 2)
Stoffwechseltypen – gute und schlechte Futterverwerter
Wie gut wir unsere Nahrung verwerten, scheint tatsächlich auch genetisch bedingt zu sein. Es gibt sie wirklich: die guten Futterverwerter, die einen niedrigen Grundumsatz aufweisen und eine größtmögliche Nährstoffausbeute schaffen. Denn sie verarbeiten die Nährstoffe sehr effizient, indem sie sie gut speichern können. Und die schlechten Futterverwerter mit hohem Grundumsatz – sie müssen dagegen mehr essen, speichern weniger effizient und geben einen größeren Teil der Energie in Form von Wärme ab.
Grundlage der Ernährung nach Stoffwechseltypen ist eine Einteilung in kohlenhydratsensitive, also auf den Konsum kohlenhydratreicher Lebensmittel sehr ansprechende Speichertypen (endomorph), und in kohlenhydratunempfindliche Personen (ektomorph). Ein durch einen hohen Kohlenhydratkonsum begünstigter Fettansatz beispielsweise kann durch eine Verschiebung der Makronährstoffverhältnisse in der Nahrung ohne Hungerleiden abgebaut werden. Aus der Empfehlung für ektomorphe Stoffwechseltypen, mindestens 55 % der Energie in Form von Kohlenhydraten, 25 % in Form von Fett und 20 % in Form von Eiweiß aufzunehmen, werden für den endomorphen Stoffwechseltyp 35–40 % Kohlenhydrate, 30–35 % Fett und 25–30 % Eiweiß.(2)
Es gibt keine klaren Grenzen!
Die drei festgelegten Stoffwechseltypen stellen Eckpunkte zur Orientierung dar. Die meisten Menschen befinden sich irgendwo zwischen dem Speichertyp und dem Verbrennertyp. Wichtig ist die Selbstbeobachtung und das Austesten verschiedener Ernährungsstrategien. Insbesondere der endomorphe Stoffwechseltyp kann von eiweißbetonten Akzenten innerhalb seiner Ernährung profitieren. Vorteile einer eiweißbetonten Ernährungsweise sind beispielsweise:
– Langanhaltende Sättigung
– Förderung von Muskelaufbau und -erhalt
– Erleichterter Fettabbau
– Verringerung muskelabbauender Prozesse
– Verminderter Muskelverlust bei Gewichtsabnahmen
Eine Faustregel für ihn könnte folgendermaßen lauten: Je intensiver er sportlich aktiv ist, desto mehr Kohlenhydrate darf er sich erlauben.
Merkmale/Typus |
endomorph (Pyknosom/ Speichertyp) |
mesomorph (Mischtyp) | ektomorph (leptosom/Verbrennertyp) |
---|---|---|---|
Körperbau |
kräftige Gestalt mit kräftigem Knochenbau |
athletische Gestalt | hagere, eher sehnige Gestalt |
Stoffwechselaktivität | niedriger Grundumsatz | gute Stoffwechselaktivität | hoher Grundumsatz |
Aufbau von Körpersubstanz |
starker und schneller Fett- und Masseaufbau |
evtl. leichter Fettansatz an Bauch und/oder Hüfte; grundsätzlich guter Muskelaufbau möglich |
Muskel- und Masseaufbau gestaltet sich schwierig; kaum Fettgewebe |
Insulinwirksamkeit | starke und schnelle Insulinantwort | keine Auffälligkeiten | schwache Insulinantwort |
Blutzuckerspiegel |
starke Blutzuckerschwankungen möglich |
keine Auffälligkeiten | geringe Blutzuckerschwankungen |
Makronährstoffe |
tolerant gegenüber Fett und Eiweiß; eher intolerant gegenüber Kohlenhydraten |
tolerant gegenüber allen Nährstoffen |
tolerant gegenüber Kohlenhydratkonsum |
Tabelle 1: Charakterisierung der 3 Stoffwechseltypen(3)
Abnehmen als Sportler – auf den richtigen Zeitpunkt kommt es an
Sie als Sportler sollten Ihre Ernährungsstrategie an Ihren Sport anpassen. Während intensiven Vorbereitungsphasen, während der Saison also vor allem in der Wettkampfphase, sollte die Ernährung bei allen Stoffwechseltypen kohlenhydratreicher sein. Hier steht nicht die Optimierung der Körperzusammensetzung zugunsten der Muskulatur sondern das Erbringen erfolgreicher Leistungen im Vordergrund. Bei Strategien wie einem frühmorgendlichen Training ohne Frühstück um den Fettstoffwechsel anzukurbeln, oder sehr lange mehrstündige Trainingseinheiten (bis zu 6 Std.) nach einem kohlenhydratreichen Frühstück mit anschließender Kohlenhydratabstinenz bis zum nächsten Frühstück, überwiegen häufig die Nachteile.
Während Diäten zu trainieren ist in erster Linie kontraproduktiv. Zwar erhöht das Training den Energieverbrauch, dafür steigt aber auch das Risiko für Übertraining, Erschöpfung und Verletzungen. Außerdem kann sich Heißhunger bei der Normalisierung des Trainingsprogramms bemerkbar machen und zu einem Gewichtsanstieg führen. Es besteht des Weiteren die Gefahr, die eigene Immunabwehr zu schwächen, was sich in einer gesteigerten Infektanfälligkeit äußert. Gewichtsreduktionen sollten somit in der Ruhe- oder weniger intensiven Trainingsphase erfolgen.(2) (Mythos Fettverbrennung – Die effektivsten Strategien) Wenn es Ihnen gelingt, Ihr Körpergewicht auf ein optimales Maß zu bringen, werden Sie aber sicher davon profitieren! Gerade in Ausdauersportarten und in den kompositorischen Sportarten stellt das richtige Gewichtsmanagement eine enorme Leistungsreserve dar.
Quellenangaben:
1. Frank, 2008: Lizenz zum Essen. München: Piper Verlag GmbH
2. Grosshauser, 2010: Ernährung im Triathlon. Hamburg: Spomedis GmbH
3. Prinzhausen, 2003: Strategien der Leistungsernährung für Sportler. Hamburg: Akademos Wissenschaftsverlag
Fachsprache
BMI – Body-Mass-Index, Verhältnis von Körpergröße zu Gewicht: BMI = Körpergewicht in Kg / (Körpergröße in m)²
Leptosom vs. Pyknosom – Körperbautypisierung nach Ernst Kretschmer (1921), orientiert sich hauptsächlich am Merkmal Fettpolster. Ein leptosomer oder leptomorpher Mensch ist schlank bzw. schlaksig. Der pyknosome bzw. pyknomorphe Mensch hingegen ist pummelig bis adipös.
Athletiker vs. Hypoplastiker – Kretschmer beschreibt noch einen 3. Typ, den Athletiker. Bei ihm jedoch steht das Merkmal Muskelmasse im Vordergrund und bezeichnet einen muskulösen Menschen. Das Gegenstück zum Athletiker ist der Hypoplastiker, ein Mensch mit schmächtigem Körperbau und wenig ausgeprägter Muskulatur.