Beweglichkeit beim Klettern

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Beweglichkeit ist für einen Kletterer ein absolutes Muss. Sie verhilft zu größerer Reichweite und verbesserter Bewegungsökonomie. Vor allem der präventive Aspekt von höherer Belastungstoleranz und Langlebigkeit – insbesondere der Gelenke – ist nicht zu unterschätzen.

Darum ist das Dehnen für Kletterer so wichtig

„leichte, fließende Klettertechnik“

Einer der größten Fehler im Sport – und das betrifft meiner Erfahrung nach einen Gutteil des Amateur-, aber auch Profibereichs – ist die Vernachlässigung dieses eminent wichtigen Bereiches. Gerade Athleten, die viel (Kraft) trainieren, neigen zu erheblichen Verkürzungen in der Arbeits- und Stabilisationsmuskulatur.

Bei intensivem Krafttraining verkürzt sich die Muskulatur. So weit, so gewollt! Unzählige abertausend Male wiederholt, führt dies über kurz oder lang zu verschiedensten Anpassungen. Erwünschten – der Muskel wird stärker –, aber auch zu teils unerwünschten: Der Muskel verkürzt, der Tonus wird höher, die neuronale Aktivität verändert sich ungünstig, indem Schutzreflexe früher als nötig einsetzen.

Das lässt sich mit Stretching ja noch relativ leicht korrigieren oder normalisieren. Versäumt man dies aber für länger, passen sich leider auch die passiven Strukturen des muskuloskeletalen Apparates an diese Verhältnisse an. Auch Faszien, Sehnen, Bänder können sich verkürzen und Gewebsschichten chronisch miteinander „verkleben“.

Maladaptation nennt man das, also eine „schlechte“ Anpassung. Kommt vom lateinischen „malus“ (=schlecht), gefürchtet und bekannt aus der Sprache der Versicherungsbranche.

Bestimmt auch spannend: Schulterschmerzen nach dem Klettern und Bouldern. Was tun?

Adaptation ist (nicht immer) gut

Bei intensivem Krafttraining verkürzt sich die Muskulatur. So weit, so gewollt! Unzählige abertausend Male wiederholt, führt dies über kurz oder lang zu verschiedensten Anpassungen. Erwünschten – der Muskel wird stärker –, aber auch zu teils unerwünschten: Der Muskel verkürzt, der Tonus wird höher, die neuronale Aktivität verändert sich ungünstig, indem Schutzreflexe früher als nötig einsetzen.

Das lässt sich mit Stretching ja noch relativ leicht korrigieren oder normalisieren. Versäumt man dies aber für länger, passen sich leider auch die passiven Strukturen des muskuloskeletalen Apparates an diese Verhältnisse an. Auch Faszien, Sehnen, Bänder können sich verkürzen und Gewebsschichten chronisch miteinander „verkleben“. Maladaptation nennt man das, also eine „schlechte“ Anpassung. Kommt vom lateinischen „malus“ (=schlecht), gefürchtet und bekannt aus der Sprache der Versicherungsbranche.

Und ebensolche Maladaptationen sind nicht zu unterschätzen. Sie können weitreichenden Einfluss auf Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit haben, ich sage nur so viel: Koordinationsstörungen, Kraftverlust, Gelenksfehlstellung/–belastung, sekundäre Gelenksschmerzen, ständige teilweise entzündliche Reizungen von Nerven (Entrapments) und Kapillaren, Dauerkontraktur von Muskelfasern können einige der Folgen sein. Ich will niemandem Angst machen, aber eine kleine Rute im Fenster kann hier ausnahmsweise nicht schaden.

Leider lassen sich diese negativen Veränderungen solcher sich langsam anpassenden Strukturen nur mehr mit sehr viel, auch mit erheblichen Schmerzen verbundenem, Aufwand vom Physiotherapeuten z. B. durch Tiefenmassage, Faszien- und Triggerpunktmanipulation lösen.

Mein Tipp: Lassen Sie es gar nicht so weit kommen, geraten Sie nicht ins Malus! Schließen Sie besser „Ihre persönliche Versicherungspolice“ dagegen ab, und vergessen Sie das Beweglichkeitstraining nicht. Ein heißer Podcasttipp, von jemanden, der wohl aus jahrzehntelanger Sporterfahrung tolle Ratschläge an die jüngere Generation gibt, ist übrigens Karl Überbacher. Der „Dornbirner Arnold Schwarzenegger“ ist auf www.Power-Quest.cc Podcast 270 zu hören.

Beweglichkeit ist mehr als Stretching

Ich sage absichtlich „Beweglichkeit“, denn die ist mehr als nur 10 Minuten liebloses Stretching nach dem Training. Stretching bezieht sich eher auf die Muskeln, Mobilitätstraining vorwiegend auf Gelenke und passive Strukturen, wobei die Grenzen und die gegenseitige Beeinflussung fließend sind.

Ich empfehle sowohl mobilisierende Übungen zum Aufwärmen, aber auch Normalisieren nach dem Training, also Kreisen/Bewegen der Gliedmaßen, Finger, Handgelenke etc., Bewegungsmuster in einem gewissen Fluss – gern auch mit Geräten (Massagebälle, Rollen, Bänder …), als auch Stretching, durchaus abwechslungsreich nach verschiedenen Methoden: Ballistisch, wippend eher vor dem Training (anregend, bringt u. U. sogar Erhöhung der Kraft) und Stretching („zähes“ Dehnen, oder PNF-Methoden = proprioneurozeptive Fazilitation, d. h. hier versucht man durch gezieltes An- und Entspannen der gedehnten Muskulatur und/oder der Gegenspieler auf die Reflexaktivität einen beruhigenden Einfluss zu nehmen).

Erweitern Sie Ihren Horizont, lernen Sie neue Übungen und Haltungen kennen und probieren Sie aus, was Ihnen gut tut. Stretching bitte nach dem Krafttraining oder an ansonsten trainingsfreien Tagen, denn es vermindert den Kraftoutput. Zu intensiv betrieben vor Kraft-/Schnellkraft-Übungen hat sich dadurch – in Studien nachgewiesen – sogar eine erhöhte Verletzungsgefahr gezeigt. (Sie wollen testen, wie beweglichSie sind? Beweglichkeitstests)

Wie oft? – So oft wie möglich oder zumindest oft!

Ich selbst dehne mehrmals am Tag. Ja manchmal sogar während der Büroarbeit, indem ich z. B. im Stehen – ich habe nämlich ein Stehpult – das Bein hochlege und die Hamstrings dehne. Sonst dehne ich 1- bis 2-mal am Tag 20 Min bis zu ca. 1 ½ Stunden. Das Hauptgewicht liegt auf der Arbeits- bzw. der zum Verkürzen neigenden Muskulatur. Kletterer zeigen z. B. öfters eine Versteifung des Brustwirbelbereiches, ähnlich wie Turner oder Bankdrücker, da heißt es, ständig auf der Hut sein. Gönnen Sie sich wie ich ab und zu den Luxus, sich von Experten mit Mobilisationstests durchchecken zu lassen. Oft sehen die sofort, wo sich ein Problem bilden könnte, das Sie noch gar nicht bemerkt haben.

Wie beweglich darf es sein? Optimal – bedeutet nicht immer maximal!

Bei den Beinen aber darf es bei mir bis zum Spagat gehen

Die Beweglichkeit lässt sich ziemlich weit treiben – auch über-treiben! Jede Sportart hat ihr eigenes Anforderungsprofil. Orientieren Sie sich nicht an Turnern, rhythmischen Sportgymnastinnen, Yogis oder sonstigen „Gummimenschen“. Ich und Sie als Kletterer benötigen eine für unsere Sportart optimale, aber keine maximale Beweglichkeit. Ich würde z. B. niemals meine Unterarme oder Schultern auf extreme Beweglichkeit dehnen, sondern nur mäßig zum Ausgleich. Eine Sub-Luxation im Schultergelenk in meinen frühen Profijahre lehrte mich schmerzhaft: In diesem Gelenk brauche ich Kraft und Stabilität und gerade so viel Beweglichkeit, wie es mein Sport erfordert!

Bei den Beinen aber darf es bei mir bis zum Spagat gehen – mehr dazu in der nächsten Kolumne hier auf www.trainingsworld.com!

Speziell bei der Hüftbeweglichkeit gilt sehr wohl, je beweglicher desto besser fürs Klettern. Aufpassen heißt es jedoch beim intensiven (Über-)Dehnen von Schultermuskulatur und Co. Doch … dieser „Van Damme-Spagat“, den ich hier dank meines Trainingspartners Lukas Fäßler absolviere, ist auch Ihr Ziel? Dann bleiben Sie dran hier auf www.trainingsworld.com. Denn wie soben erwähnt: Schon in Kürze gibt’s hier den „Schlüssel zum 100%igen Spagat-Erfolg“.

Viel Spaß inzwischen beim Dehnen, Dehnen und … noch einmal Dehnen!

Jürgen Reis mit Nikolai Janatsch

Unser Tipp aus der Trainingsworld-Redaktion:

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