Der „Functional-Movement-Screen“, fms-test – ein standardisiertes Testverfahren aus Amerika, überprüft wichtige konditionelle Fähigkeiten zur Erfassung potentieller Verletzungsrisiken und ineffizienter Bewegungsmuster. Es dient dazu, Schwächen so rechtzeitig zu erkennen und Trainingsempfehlungen darauf abzustimmen.
Was ist der Functional-Movement-Screen?
Sie als Sportler kommen höchstwahrscheinlich ohne körperliche Einschränkungen, wie z.B. Schulterschmerzen, durch den Alltag. Oder ziept und zwackt es doch mal an der einen oder anderen Stelle? Ausdauertrainierte Athleten kommen weder beim Sprint zur U-Bahn noch beim schnellen Treppauflaufen außer Puste – doch eine unnatürliche Drehung nach hinten, ein ungewohnter Ausfallschritt zur Seite, Schnee schaufeln im Winter – schon können Verletzungen auch bei Ihnen Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit beeinträchtigen.
FMS-Test: Was ist das Ziel des Functional-Movement-Screen?
Konditionelle Fähigkeiten wie Koordination, Beweglichkeit, Kraft und Stabilität sollten im Optimalfall gleichermaßen ausgebildet sein, um funktionelle Bewegungen im Alltag, beim Sport oder während Freizeitaktivitäten verletzungsfrei durchführen zu können. Ziel des Functional-Movement-Screen ist es, Verletzungen vorzubeugen und Sportler leistungsfähiger zu machen.
Was ist Functional Training?
Functional Training bzw. funktionelles Training ist in aller Munde. Doch was bedeutet es eigentlich genau? Nur den wenigsten Sportlern und Trainern ist wirklich klar, was die grundlegenden Inhalte dieser Trainingsform sind und welche Prinzipien man bei einem funktionellen Training berücksichtigen muss.
Functional Training beinhaltet Bewegungen, die bzgl. Mechanik, Koordination und Energiebereitstellung den Anforderungen des Alltags oder sportspezifischen Bewegungen entsprechen. Funktionell bedeutet hierbei, dass alle an einer Bewegung beteiligten Muskeln und das gesamte Bindegewebe korrekt zusammen arbeiten. Dabei stehen die Belastung gemäß der Funktion Ihrer Muskulatur und die Berücksichtigung der Bewegungsachsen im Vordergrund.
Funktionell wird ein Training erst durch das Berücksichtigen der anatomischen und physiologischen Grundbedingungen. Dazu kommt, dass ein Trainer die im sportlichen Alltag auftretenden Belastungen, Beanspruchungen und Bewegungen nicht außer Acht lassen darf. Bewegungszusammenhänge verschiedener Muskelgruppen und das Zusammenspiel zwischen Nerven und Muskeln werden umfassend trainiert.
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Auf die genaue Bewegungsfunktion Ihrer Muskeln kommt es an
In der klassischen Trainingslehre wird die Bewegung eines Muskels allein über den körpernahen Ursprung und den körperfernen Ansatz bestimmt. Wenn Sie beispielsweise Ihre Beinbeugemuskulatur betrachten, wird deren Funktion im Trainingsalltag häufig auf das Beugen des Beins reduziert.(1) So wird im Radsport und im Triathlon das Krafttraining oft isoliert auf den Kniestrecker ausgerichtet.
Betrachtet man den Bewegungsablauf hingegen funktionsorientiert, erkennt man, dass am Vortrieb nicht allein der Kniestrecker beteiligt ist. Der Grund dafür ist, dass der zweigelenkige Beinbeuger eben nicht einfach auf ein Beugen im Kniegelenk zu reduzieren ist.
Da auf dem Fahrrad jedoch die kinetische Kette durch den Fuß am Pedal fixiert wird, tritt das so genannte Lombardsche Paradoxon auf, nach dem sich der Muskel entgegen der Erwartung verhält: Beim Radfahren und beim Laufen arbeitet die Beinbeugemuskulatur als Hüftstrecker!
Funktionelles Krafttraining muss demnach Übungen berücksichtigen, bei denen diese Arbeitsweise die Grundlage der Bewegung bildet. Nur so werden auch die entsprechenden Aktivierungsmuster herausgebildet.
Was ist ein Functional-Movement-Screen?
Der Functional Movement Screen (FMS) ist ein Beweglichkeits- und Stabilitätstest, der von dem amerikanischen Physiotherapeuten und Fitnesscoach Gray Cook in Zusammenarbeit mit seinen Kollegen in den 1990er Jahren entwickelt wurde. Dieser Test entstand aus Cooks jahrelanger Erfahrung in der Betreuung von orthopädisch-traumatologisch betroffenen Patienten und Sportlern.
Die Philosophie, die hinter dem Konzept steckt, sieht den gesamten Körper als Einheit und nicht nur in einzelnen Körperpartien. Der Vergleich mit einer (Bewegungs-) Kette ist hier sehr passend. Jeder weiß: eine Kette ist immer nur so stark, wie ihr schwächstes Glied. Mittels des Functional-Movement-Screen ist man heutzutage in der Lage, das schwächste Glied in der Bewegungskette zu finden.(3)
Leider werden Probleme bei bestimmten Übungen häufig entweder ignoriert oder es wird versucht den Körper generell zu kräftigen, in der Hoffnung die Probleme dadurch zu lösen. So werden jedoch nicht die Ursachen bekämpft, sondern nur das Risiko erhöht, sich durch noch mehr Kraft noch stärker verletzen zu können.
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Ziel des Functional-Movement-Screen
Ziel des Functional-Movement-Screen ist es, Asymmetrien, Dysbalancen und Schwachstellen im Körper der Testperson aufzudecken. Grundlage hierfür bilden sieben verschiedene Bewegungsübungen. Die Übungen wurden allesamt dem alltäglichen Leben entnommen. Jeder Mensch sollte sie korrekt, d. h. ohne Ausweichbewegungen oder Schmerzen, durchführen können.
So gibt z. B. die Testung einer tiefen Reißkniebeuge Aufschluss über die Beweglichkeit der Sprung-, Knie-, Hüft- und Schultergelenke während man gleichzeitig die Stabilität des Rumpfs beurteilt. Bei einer dem Ausfallschritt ähnlichen Übung überprüft man z. B. zusätzlich die Beinachsenstabilität, d. h. die für den Alltag und Sport so bedeutende Fähigkeit, Sprung-, Knie- und Hüftgelenke des Standbeins im Lot bzw. in einer Achse zu halten.(3)
Dabei wird ein einfaches Punktesystem eingesetzt. Drei Punkte gibt es, wenn die Übung perfekt durchgeführt werden kann und zwei, wenn die Übung zwar durchgeführt werden kann, aber nur mit Kompensations- bzw. Ausweichbewegungen.
Wie wird beim Functional-Movement-Screen bewertet?
Kann man die Übung nicht durchgeführen, gibt es einen Punkt und wenn sie Schmerzen verursacht null Punkte. Maximal erreicht man also 21 Punkte. Überdies hat man herausgefunden, dass sich das Verletzungsrisiko um mindestens das 2- bis 3-fache erhöht, wenn nur 14 oder weniger Punkte erzielt wurden. Dies gilt ebenfalls bei einer auftretenden Asymmetrie. Eine Asymmetrie liegt vor, wenn unabhängig von der Gesamtpunktzahl eine Punktedifferenz zwischen der linken und rechten Seite besteht.
Auf das Testergebnis aufbauend erstellt man einen individuellen Trainingsplan, der besonders auf die Behebung der gemessenen Defizite mit so genannten korrigierenden Übungen abzielt. Erst wenn die durch den FMS getesteten Grundbewegungen des Alltags fehler- und schmerzfrei beherrscht werden, sollte man laut Experten mit dem weiterführenden und intensiveren Fitnesstraining (ergänzende Koordinations-, Beweglichkeits-, Kraft-, Schnelligkeits- und Ausdauereinheiten) beginnen.
Ganz am Ende der Trainingsreihenfolge bzw. -pyramide stehen dann die sportartspezifischen Bewegungen, wie z. B. die Schussbewegung beim Fußball, der Aufschlag beim Tennis oder der Sprungwurf beim Basketball. Das bedeutet aber nicht, dass diese Bewegungen nicht schon vorher in Ihr Training eingebaut werden sollten. Lediglich der Fokus verändert sich im Trainingsverlauf.
Die 7 Standardübungen des Functional-Movement-Screen
1. Die tiefe Überkopfkniebeuge (Deep Squat)
Bei der tiefen Überkopfkniebeuge, auch Reißkniebeuge, hält der Probant eine Stange mit gestreckten Armen über den Kopf und führt dann eine tiefe Kniebeuge durch. Diese wendet man an, um die beidseitige, symmetrische Mobilität der Hüfte, Knie und Knöchel beurteilen zu können. Der Stab, den man über dem Kopf hält, hilft dabei, die beidseitige, symmetrische Mobilität des Schultergürtels und der Brustwirbelsäule beurteilen zu können.
2. Über eine Hürde steigen (Hurdle Step)
Beim Schritt über eine Hürde liegt der Testperson eine Stange auf den Schultern, die sie links und rechts mit den Händen festhält. Der Schritt über die Hürde wird durchgeführt, um mithilfe vom Functional-Movement-Screen die Koordination, Mobilität und Stabilität von Hüfte, Knie und Knöchel bewerten zu können.
3. Ausfallschrittkniebeuge mit beiden Füßen auf einer Linie (In-Line Lunge)
Der lineare Ausfallschritt hilft bei der Beurteilung der beidseitigen Mobilität und Stabilität von Hüfte und Oberkörper. Zusätzlich wird die Stabilität im Knie und im Knöchel bewertet. Hier überprüft man, wie bereits erwähnt, z. B. die Beinachsenstabilität, d. h. die für den Alltag und Sport so bedeutende Fähigkeit, die Sprung-, Knie- und Hüftgelenke des Standbeins im Lot bzw. in einer Achse zu halten.
4. Schulterbeweglichkeit (Shoulder Mobility)
Mit dem Test zur Bestimmung der Schultermobilität wird der beidseitige Bewegungsradius durch eine Kombination von Adduktion und Innenrotation (unterer Arm) mit Abduktion und Außenrotation (oberer Arm) bestimmt. Hierbei greift die Testperson mit beiden Händen an ein an der Wirbelsäule liegendes Maßband, und zwar eine Hand von oben und die andere von unten.
5. Gestrecktes Beinheben in Rücklage (Active Straight-Leg Raise)
Mit diesem Test wird die aktive Dehnfähigkeit der rückwärtigen Oberschenkelmuskulatur und der Wadenmuskulatur bewertet. Gleichzeitig muss es möglich sein, das Becken stabil zu halten. Die Testperson befindet sich in Rückenlage. Ein Bein liegt ausgestreckt auf dem Boden, während sie das andere mit angezogener Fußspitze senkrecht nach oben streckt.
6. Rumpfstabilitäts-Liegestütz (Trunk Stability Push-up)
Während des Liegestützes überprüft man die Stabilität im Rumpfbereich in der Sagittalebene. Die Extremitäten im Oberkörperbereich müssen bei diesem Test symmetrisch arbeiten.
7. Rotationsstabilität im Vierfüßlerstand (Rotary Stability)
Hierbei wird die mehrdimensionale Stabilisierungsfähigkeit bei gleichzeitiger Bewegung der oberen und unteren Extremität analysiert.(3) Dazu muss der Sportler im Vierfüßlerstand den Arm einer Körperseite und das diagnonal befindliche Bein anheben. Bewertet wird die Fähigkeit, diese Übung stabil auszuführen.
Fachsprache leicht gemacht
- Kinetische Kette – Verbindung der an einer Bewegung beteiligten Muskelschlingen
- Sagittalebene – eine sich vom Kopf zum Becken und vom Rücken zum Bauch erstreckende Ebene
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Quellenangabe
- Journal of Occupational Medicine and Toxicology, 2007, Bd. 2 (3), S. 1–9.
- Journal of Strength and Conditioning Research, 2010, Bd. 24 (2), S. 479–486.
- Cook Gray, Movement assessment: The Functional Movement Screen, 1998, Athletic Testing Service.