Spitzenleistung und Stress: Warum Stress nicht nur negativ ist

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Spitzenleistung? Am besten immer und überall? Das klingt nach einem Wunschtraum. Mit der richtigen Strategie ist es jedoch möglich, Spitzenleistung konstant zu erbringen, ohne dabei die eigene Gesundheit aufs Spiel zu setzen.

Alles über Stress und Spitzenleistung

Brad Stulberg, ehemaliger McKinsey-Berater, und Olympioniken-Trainer Steve Magness widmen sich in ihrem Buch „Peak Performance“ genau diesem Thema. Dabei stützen sie sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse und gehen dabei unter anderem intensiv auf das Thema Stress ein. Vorab sei verraten: Unser Verhältnis zu Stress bedarf einer neuen Sichtweise, denn Stress ist nicht ausschließlich etwas Negatives. Hier erfahren Sie nun, warum und wie Sie Stress richtig nutzen können.

Die innere Einstellung ist wichtig

Peak Performance, Höchstleistung, Stress, Motivation

Peak Performance, also Höchstleistung, ist etwas, das jeder gern erreichen möchte. Aber…ist das überhaupt möglich? Und zwar konstant, in jedem Lebensbereich? Die Experten Brad Stulberg und Steve Magness klären darüber in ihrem Buch auf. Dabei berufen sie sich auf zahlreiche wissenschaftliche Erkenntnisse und profitieren von ihrer engen Zusammenarbeit mit namhaften Spitzensportlern. | JETZT BESTELLEN

Stellen Sie sich vor, es ist ein heißer Sommertag, Sie sind im Park und haben soeben ein schweißtreibendes Outdoor-Workout absolviert. Jemand setzt Ihnen einen eiskalten Milchshake vor. So erhitzt und hungrig Sie auch sein mögen, vielleicht stellen Sie sich folgende Fragen: Woraus besteht der Shake eigentlich? Aus gesunden, kalorienarmen Dingen wie Obst und Gemüse aus biologischem Anbau, die mit Mandelmilch und Proteinpulver angerührt worden sind? Oder ist es aus ernährungsphysiologischer Sicht das genaue Gegenteil: eine Kalorienbombe aus Schokoladeneiskrem, Vollmilch und aromatisiertem Sirup?

Die Wissenschaft (und der gesunde Menschenverstand) sagen uns, dass der menschliche Organismus auf die Getränke völlig unterschiedlich reagieren würde. Die Kalorienbombe würde uns zuerst mehr sättigen. Einige Stunden später würden wir aber wegen des stark abfallenden Blutzuckerspiegels Heißhunger auf Süßes bekommen. Der gesunde Bio-Shake würde uns erfrischen und Energie verleihen, sodass wir uns anschließend wach und fit fühlen. Vielleicht wären wir aber nicht ganz so satt wie nach dem Schoko-Milchshake, und wir ertappen uns möglicherweise dabei, schneller zum nächsten Snack zu greifen.

Wie die Erwartungshaltung selbst Hormone beeinflussen kann

Als Forscher der Yale University verglichen, wie Verbraucher auf die eben beschriebenen Shakes reagierten, bestätigten sie alle diese Annahmen. Die Studienteilnehmer, die die Kalorienbombe tranken, berichteten, dass sie sich unmittelbar nach dem Konsum gesättigt fühlten, später aber mehr Appetit bekamen. Ihr Ghrelinspiegel fiel stärker ab. Ghrelin ist das Hormon, das für Hungergefühle zuständig ist, und seine Abnahme signalisiert dem Gehirn, das eine Sättigung eingetreten ist.

Das sollte nicht verwunderlich sein, und das ist es auch nicht – genau das würde man erwarten. Der Haken an der ganzen Sache ist aber: Die Zusammensetzung der Milchshakes war in beiden Gruppen absolut gleich. Der einzige Unterschied war ihre Beschreibung. Es war also die innere Einstellung der Teilnehmer – und nicht der Gehalt an Zucker, Fett, Obst, Gemüse oder Protein –, die nach dem Konsum des Shakes nicht nur ihr subjektives Empfinden steuerte, sondern auch ihre hormonelle Reaktion.

Es ist leicht, die Wirkung der »richtigen Einstellung« als modepsychologisches Konzept abzutun, das unser Gewissen beruhigen soll. Aber die wissenschaftlich belegten, harten Fakten erzählen uns etwas ganz anderes. Die Brille, durch die wir die Welt sehen, wirkt sich auf alle Lebensbereiche aus. Auf unsere Lernfähigkeit, Gesundheit, Lebenserwartung und auch auf unsere hormonelle Reaktion auf »unterschiedliche« Milchshakes.

Eine Frage der richtigen Einstellung

Ende der 1960er-Jahre untersuchte eine junge Promotionsstudentin namens Carol Dweck Hilflosigkeit bei Kindern. Sie wollte vor allem herausfinden, warum manche Kinder aufgeben, wenn sie bei der Bewältigung einer Aufgabe auf ein Hindernis stoßen, während andere Altersgenossen dadurch angespornt werden. Dweck stellte fest, dass die Antwort in ihren Köpfen zu finden war.

Talent oder Fleiß: Motivation im Blickpunkt

Die Kinder, die schnell aufgaben, mieden Herausforderungen und fühlten sich durch andersartige Kinder bedroht. Sie nahmen Lernen und Wachstum oft als etwas wahr, auf das sie keinen Einfluss hatten. Sie gingen davon aus, dass die für ihren Erfolg oder Misserfolg ausschlaggebenden Eigenschaften von vornherein festgelegt waren. Mit anderen Worten, diese Kinder glaubten, dass ihre angeborenen Fähigkeiten und Talente – ihr genetischer Code – das Resultat in nahezu allen Situationen steuerten, die sich ihnen im Leben stellten. Ihrer Meinung nach war man mit einer Gabe »gesegnet« oder man war es nicht. Sie waren entweder klug oder dumm.

Die Kinder, die durch Herausforderungen angespornt wurden und sich ihnen bereitwilliger stellten, hatten dagegen eine völlig andere Einstellung. Sie waren der Überzeugung, dass sie mit Fleiß alles erreichen konnten. Sie betrachteten Können bzw. Kompetenz nicht als etwas, das vorgegeben war, sondern das sich mit der Zeit durch Übung verbessern ließ. Diese Kinder hatten das, was Dweck als »dynamisches Selbstbild« bezeichnete.

Mit einem dynamischen Selbstbild Fortschritte machen

Als Dweck und ihre Kollegen die Leistungen einer Gruppe von Siebtklässlern zwei Jahre lang verfolgten, stellten sie fest, dass der Ausgangspunkt aller Schüler gleich war. Kinder mit einem dynamischen Selbstbild machten aber deutlich schneller Fortschritte als ihre Klassenkameraden, die ein statisches Selbstbild hatten. Die wachstumsorientierten Schüler waren bereit, ihre Grenzen stärker auszuloten.Sie suchten gerade noch machbare Herausforderungen und betrachteten ein produktives Scheitern als etwas Positives.

Im Gegensatz dazu mieden Schüler mit einem statischen Selbstbild Herausforderungen und gaben auf, wenn sie die Situation als unangenehm empfanden. Es könnte der Eindruck entstehen, dass die Einstellung, die wir entwickeln, größtenteils nicht in unserer Hand liegt. Sie ist das Ergebnis der Werte, die uns unsere Eltern, Erziehungsberechtigten und vielleicht unsere ersten Lehrer mitgaben, als wir noch sehr jung waren. Wurden wir belohnt, wenn wir fleißig waren und uns anstrengten (was ein dynamisches Selbstbild unterstützt)? Oder wurden wir nur für das Ergebnis belohnt (was ein statisches Selbstbild begünstigt)? Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob man sich mit einem statischen Selbstbild abfinden muss oder es vielleicht eine Möglichkeit gibt, das Selbstbild nachträglich zu verändern.

Neues Selbstbild, besseres Lernen

Um eine Antwort zu finden, ließ Dweck Siebtklässler mit einem statischen Selbstbild einen achtwöchigen Kurs durchlaufen, in dem es um Neuroplastizität ging – die Wissenschaft vom Hirnwachstum. Der Lehrplan bestand aus überzeugenden Studien und spannenden Geschichten, die ineinander griffen und den Schülern zeigten, wie flexibel ihr Verstand tatsächlich war. Das funktionierte. Am Ende des Kurses hatte ein Großteil derjenigen Schüler, die zuvor geglaubt hatten, dass ihre Fähigkeiten vorgegeben waren, ihre Sichtweise verändert. Sie fingen außerdem an, Fortschritte zu machen. Durch die Veränderung ihres Selbstbilds veränderte sich auch ihre Einstellung zum Lernen, und sie konnten ihre schulischen Leistungen in eine positive Bahn lenken.

Kompetenz durch Konflikt: Wachstumsorientierten Stress annehmen

Dwecks Arbeit bewies vor allem, dass die Art, wie wir über die Welt nachdenken, weitreichende Auswirkungen auf unser Handeln hat. Wenn wir ein dynamisches Selbstbild kultivieren und überzeugt sind, dass Kompetenz durch Konflikt entsteht, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir uns einer konstruktiven Form von wachstumsorientiertem Stress aussetzen. Aber die Wirkmacht des Selbstbilds hört hier nicht auf. Es stellt sich heraus, dass unsere Einstellung nicht nur bestimmt, ob wir uns Stress aussetzen, sondern auch, wie wir darauf reagieren.

Die Herausforderungsreaktion

Welche Gedanken kommen Ihnen in den Sinn, wenn Sie das Wort »Stress« hören? Vielleicht denken Sie an Wachstum und Fortschritt. Sie sollten allerdings kein schlechtes Gewissen haben, wenn Ihnen ganz andere Dinge eingefallen sind. Obwohl uns heute klar ist, dass Stress auch seine positiven Seiten hat, könnte es Ihnen immer noch schwerfallen, die vielen Jahre zu überwinden, in denen Ihnen immer wieder gesagt wurde, dass Stress schädlich ist.

„Vorteile von Stress“: Ist das möglich?

Bedingt durch unsere kulturelle Prägung sind wir gewohnt, Stress möglichst zu minimieren oder sogar um jeden Preis zu vermeiden. Für die ungünstigen Phasen im Leben, in denen dies nicht möglich ist, werden uns Techniken oder Strategien gezeigt, um mit Stress »zurechtzukommen« oder ihn »auszuhalten«. Mit dem Ziel, den »Schaden möglichst gering halten zu können«. Wenn es um „Vorteile von Stress“ geht, verspürt man meist eine gewisse Aversion. Diese Reaktion ist bedauerlich und kontraproduktiv, lässt sich aber nur schwer überwinden.

Dr. Kelly McGonigal ist eine Gesundheitspsychologin an der Stanford University. Viele Jahre lang hat sie sich – wie viele andere Gesundheitspsychologen auch – dafür eingesetzt, Menschen zu helfen, Stress zu vermeiden. Sie hielt Stress für schädlich und wollte herausfinden, wie man seine negative Wirkung minimieren kann. Aber dann stieß sie auf Forschungsarbeiten, die sie sprachlos machten.

Die Einstellung zu Stress: Eine entscheidende Komponente

Eine Studie von 2010 stellte fest, dass der kleine Anteil von Amerikanern, die Stress als etwas Positives betrachten, eine um 43 Prozent geringere Wahrscheinlichkeit haben, einen frühen Tod zu sterben als ihre Landsleute, die Stress als schädlich ansehen. Die naheliegende Erklärung ist natürlich, dass die Personen mit der positiven Perspektive ihre Einstellung deshalb entwickelt haben, weil sie nicht oft mit Stress in Kontakt gekommen sind. Wenn man nie unter Stress leidet, würde man natürlich nicht annehmen, dass er besonders schlecht ist.

Selbst Forscher sind verblüfft

Aber als die Forscher die Anzahl der Ereignisse miteinander verglichen, die einen hohen Stress darstellen und die beiden Gruppen erlebten, stellten sie überrascht fest, dass es so gut wie keine Unterschiede gab. Die Forscher kontrollierten neben dem Selbstbild praktisch jede andere Variable und erkannten immer noch signifikante Unterschiede in der Mortalität. Könnte etwas so Einfaches wie die Einstellung zum Stress wirklich eine lebensverlängernde Wirkung haben?

Diese Frage ließ McGonigal nicht los. Konnte es sein, dass sie jahrelang falschgelegen hatte? Bei ihrer Suche nach einer Antwort stieß sie auf ein Buch namens The Upside of Stress, das die vorherrschende Sichtweise infrage stellte. Sie entdeckte eine überzeugende Menge an Beweisen dafür, dass unsere Sichtweise auf Stress eine enorme Auswirkung darauf hat, wie wir von ihm beeinflusst werden.

Produktiver Stress: Wenn Angst und Nervosität abnehmen

Manche Menschen lernen, einen Stressor nicht als Bedrohung, sondern als Herausforderung zu betrachten. Diese Perspektive, die Forscher als »Herausforderungsreaktion « bezeichnen, wird dadurch charakterisiert, dass Stress als etwas Produktives gesehen wird. Ganz im Einklang mit unserer Sichtweise sehen wir ihn als Stimulus für Wachstum. In einer stressreichen Situation konzentriert sich jemand, der eine Herausforderungsreaktion zeigt, proaktiv auf das, was in seiner Macht steht. Mit dieser Perspektive nehmen negative Emotionen wie Angst und Nervosität ab. Diese Reaktion hilft dabei, besser mit Stress umzugehen und sogar zu Höchstform aufzulaufen.

Cortisol und DHEA: Zwei wichtige Stress-Regulatoren

Aber das ist noch nicht alles. Nicht nur unsere Einstellung zu Milchshakes verändert unser biologisches Profil, sondern auch unsere Einstellung zu Stress. Von den vielen Hormonen, die eine Rolle spielen, wenn wir unter Stress stehen, sind zwei von besonderer Bedeutung: Cortisol und Dehydroepiandrosteron (DHEA). Beide Hormone sind lebenswichtig und an sich weder »gut« noch »schlecht«. Aber ein dauerhaft erhöhter Cortisolspiegel steht mit chronischen Entzündungen, einem geschwächten Immunsystem und Depression in Zusammenhang. Im Gegensatz dazu wurde DHEA mit einem verringerten Risiko für Angstzustände, Depression, Herzinsuffizienz, neurodegenerative Erkrankungen und einer Vielzahl anderer Erkrankungen in Verbindung gebracht. DHEA ist auch ein Neurosteroid, das das Hirnwachstum anregt. In einer Stress-Situation ist es besser, mehr DHEA als Cortisol freizusetzen.

Stress als Herausforderung betrachten und länger leben

Dieses Verhältnis trägt die treffende Bezeichnung »Wachstumsindex von Stress«. Studien zeigen dementsprechend, dass Menschen, die Stress als Herausforderung betrachten, einen höheren Wachstumsindex haben als jemand, der Stress als Bedrohung wahrnimmt. Mit anderen Worten: Wenn Sie einen Stressor als Herausforderung sehen, schütten Sie mehr DHEA als Cortisol aus. Infolgedessen wird Ihr Wachstumsindex von Stress höher sein, und Sie werden keine gesundheitlichen Probleme bekommen. Im Gegenteil, sie werden von gesundheitlichen Vorteilen profitieren. Laut der Studie über Stress und Mortalität aus dem Jahr 2010, die wir eben erwähnt haben, könnte dies auch Ihre Lebenserwartung erhöhen.

Es zeigt sich also, dass die Kultivierung eines dynamischen Selbstbilds und einer Herausforderungsreaktion auf Stress sehr vorteilhaft ist. Diese Einstellungen verbessern unsere Gesundheit und Lebenserwartung. Und wie wir noch erfahren werden, verbessern sie auch unsere Leistungsfähigkeit.

Die beste Sichtweise auf Stress

Unmittelbar vor einem olympischen Wettkampf sind die meisten Athleten der Inbegriff stoischer Gelassenheit und fester Entschlossenheit. Die wenigsten Teilnehmer scheinen angespannt zu sein. Im Gegensatz dazu wirken die Teilnehmer eines Fünf-Kilometer-Laufs (durchweg Freizeitsportler), die den Kilometer in fünf Minuten zu laufen versuchen, nervös und fahrig. Sie verausgaben sich für eine Finisher-Medaille, die ohnehin jeder bekommt, der es über die Ziellinie schafft. Wieso ist das so? Perlt an Spitzensportlern Stress einfach ab? Natürlich nicht. Sie wissen nur, wie man ihn effektiv kanalisiert.

Alle Sportler verspüren Nervosität und Anspannung

In einer Studie mit über 200 Personen, die Schwimmen als Leistungs- oder Breitensport ausübten, verwendeten die Forscher einen Fragebogen zur Messung der sportbezogenen Wettkampfängstlichkeit, um das Stressniveau vor einer wichtigen Veranstaltung zu messen. Außerdem fragten sie alle Athleten, ob sie Stress als vorteilhaft oder schädlich ansahen. Die Forscher stellten fest, dass vor dem Schwimmen beide Gruppen den psychischen und physischen Stress in derselben Intensität verspürten. Alle Sportler empfanden Nervosität, Anspannung und vielleicht auch ein wenig Angst, die sich einstellt, wenn man am Startblock steht und auf den Startschuss wartet, mit dem der Schmerz der körperlichen Verausgabung einsetzt.

Stress als leistungssteigernde Vorbereitung

Der Unterschied war, dass die Breitensportler Stress als etwas betrachteten, den es zu vermeiden, zu ignorieren und ruhig zu stellen galt. Sie hatten das Gefühl, dass Stress ihrer Leistung schadet. Die routinierteren Leistungssportler hingegen deuteten den Stress und die damit verbundenen Empfindungen als leistungssteigernde Hilfestellung. Sie dienten als Vorbereitung darauf, alle Reserven zu mobilisieren. Mit anderen Worten: Die Leistungssportler zeigten eine Herausforderungsreaktion auf Stress, weshalb er ihnen nicht allzu viel ausmachte. Er half ihnen sogar dabei, den erhöhten physiologischen Erregungszustand im Schwimmbecken in Explosivität zu verwandeln.

Stress ist auch Energie

Eine andere, im Journal of Experimental Psychology veröffentlichte Abhandlung belegt, dass es oft vorteilhaft ist, die »Wettkampfangst als Erregung zu deuten«. Wenn man versucht, vor einer wichtigen Veranstaltung seine Nervosität zu unterdrücken, sagt man sich damit unterschwellig, dass etwas nicht stimmt. Dadurch verschlimmert man die Situation nicht nur. Nein, bei der Bekämpfung der Nervosität geht auch eine Menge emotionaler und körperlicher Energie verloren – die dann bei der bevorstehenden Aufgabe fehlt.

Laut der Autoren dieses Papers reicht es zum Glück aus, sich selbst zu sagen, dass man aufgeregt ist, um eine wahrgenommene Bedrohung (die Stress und Aversion verursacht) als Chance und Glücksfall zu betrachten (was die Motivation und Leistungsbereitschaft begünstigt). »Im Vergleich zu denjenigen, die sich zu beruhigen versuchen«, folgern die Autoren, »schneiden Personen besser ab, die ihre Nervosität als Erregung interpretieren.« Oder anders ausgedrückt: Die Empfindungen, die man vor einem großen Ereignis verspürt, sind neutral. Wenn man sie in einem positiven Licht sieht, wirken sie sich aber mit größerer Wahrscheinlichkeit positiv auf die Leistung aus.

Anspannung kanalisieren, Konzentration steigern

Diese Studien bestätigen das, was jeder Spitzenperformer, den wir für dieses Buch interviewt haben, berichtet hat. Sie gaben zu, Stress zu empfinden – vor allem vor wichtigen Veranstaltungen. Aber sie erzählten auch, dass sie den Stress nicht leugneten, sondern ihn vielmehr begrüßten und auf die bevorstehende Aufgabe richteten. Mit den Worten des Weltmeisters in Wildwasser-Abfahrt Dane Jackson: »Angst [als vielleicht stärkste Form von Stress]ist beim Kajakfahren mein ständiger Begleiter, ob ich mich nun auf einen Ritt auf dem größten Wasserfall vorbereite oder auf einen WM-Finallauf. Ich gehe ihr nicht aus dem Weg und versuche auch nicht, sie zu ignorieren. Ich nehme sie wahr und kanalisiere sie, um mich zu konzentrieren, eine Eskimorolle zu machen oder den besten Lauf hinzulegen, zu dem ich fähig bin.«

Alles für das Wachstum

Die Forschung über Selbstbilder und Einstellungen sagt nicht, dass angeborene Fähigkeiten unwichtig sind, sondern vielmehr, dass es auch wichtig ist, das Beste daraus zu machen. Indem wir unsere Grenzen ausloten, uns gerade noch machbaren Herausforderungen stellen und unsere Haltung ihnen gegenüber verbessern, eröffnet die richtige Einstellung überhaupt erst die Möglichkeit dafür, dass ein Wachstum stattfinden kann.

Wir gingen hier der Frage nach, wie Stress, sofern er die richtige Dosis aufweist, als starker Stimulus für Wachstum dient; wie sich Fähigkeiten durch aktive Auseinandersetzung und produktives Scheitern entwickeln; und wie wichtig es ist, seine Komfortzone zu verlassen und sich gerade noch machbaren Herausforderungen zu stellen. Ernest Hemingway sagte einmal, dass seine Schreibphasen zwar anstrengend waren, ihm aber vor allem das »Warten bis zum nächsten Tag« schwerfiel, als er sich zur Entspannung zwingen musste. Oder, um es mit den Worten eines anderen großen Autors, Stephen King, auszudrücken: »Für mich bedeutet nicht arbeiten Schwerstarbeit.«

 

PRAXISTIPPS

  • Führen Sie sich die Kraft der inneren Einstellung vor Augen: Wie Sie etwas betrachten verändert grundlegend, wie Ihr Körper darauf reagiert.
  • In Situationen, die Sie als Stress wahrnehmen, sollten Sie daran denken, dass Ihr Körper nur deshalb in Alarmbereitschaft geht, um sich besser auf eine Herausforderung vorzubereiten. Atmen Sie tief durch und richten Sie Ihren erhöhten Erregungszustand und Ihre geschärfte Wahrnehmung auf die bevorstehende Aufgabe.
  • Betrachten Sie Stress als etwas Produktives, und begrüßen Sie ihn. Sie erzielen damit nicht nur bessere Leistungen, sondern tun auch etwas für Ihre Gesundheit.

Autoren: Brad Stulberg und Steve Magness

 

Der Buchtipp aus der Trainingsworld-Redaktion:

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Die Experten Brad Stulberg und Steve Magness erläutern in „Peak Performance“ verständlich, was es mit Spizenleistung auf sich hat. Diese hängt mit zahlreichen mentalen und auch physischen Komponenten zusammen, seien es Motivation, Stress oder auch Entspannung. | JETZT BESTELLEN

Die Ansprüche, die der Alltag an uns stellt, sind enorm: Gefordert wird nicht weniger als absolute Spitzenleistung zu jeder Zeit und unter allen Umständen – Peak Performance. Nur wenige schaffen es, unter zunehmendem Druck und bei immer schnellerem Tempo mitzuhalten, ohne dass dabei die eigene Gesundheit auf der Strecke bleibt.

Brad Stulberg, ehemaliger McKinsey-Berater, und Steve Magness, Trainer olympischer Athleten, haben das Phänomen Spitzenleistung erstmals wissenschaftlich untersucht und zeigen: Es spielt keine Rolle, in welchem Bereich man zu Höchstform auflaufen will. Jeder kann für sich seine Strategie finden, die unabhängig vom gesteckten Ziel funktioniert und sich sowohl in der beruflichen Karriere und bei sportlichen Wettkämpfen als auch in kreativen Prozessen und im Privatleben anwenden lässt.

„Peak Performance“ kombiniert inspirierende Geschichten von Top- Performern aus Sport, Forschung und Kunst mit den neuesten Erkenntnissen der Neurowissenschaften.  Entstanden ist ein lebensveränderndes Strategiebuch, das alle Geheimnisse des Wegs zum Erfolg offenlegt. Wer konstant Spitzenleistung erreichen will, dem zeigen Brad Stulberg und Steve Magness, wie dies gelingen kann.

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Niklas Nowak

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