„Achte darauf, daß du die richtigen Mittel wählst, dann wird das Ziel sich von selbst einstellen.“ (Mahatma Gandhi)
Vermeidungsziele und Annäherungsziele
Damit Ziele ihre volle Wirkungskraft auf unsere mentalen und emotionalen Prozesse entfachen und schließlich eine positive Motivationsspirale mit steigernder Leistungsfähigkeit bewirken können, müssen ganz bestimmte „Zielsetzungskriterien“ beziehungsweise „Zielerreichungskriterien“ erfüllt sein. Diese Kriterien zum Setzen und Erreichen von Zielen sind durchaus mannigfaltig. Außerdem interagieren sie je nach Persönlichkeit und spezifischer Situation des Sportlers auf komplexe Art und Weise. Deshalb sollten Sportler und Trainer stets überprüfen, wie gewissenhaft sie die Kriterien für das Setzen und Erreichen von Zielen berücksichtigt haben!
Ein wesentliches Kriterium, nämlich die „positive Formulierung“ eines Ziels, wurde bereits in einem früheren Artikel beschrieben.(Sportpsychologie – Zielsetzung: Wie gut ist Ihr sportliches Ziel formuliert? Über Vermeidungsziele und Annäherungsziele) Dieses Kriterium beruht vereinfacht gesprochen auf der Arbeitsweise unseres Gehirns. Unser Gehirn operiert nicht mit „Negationen“. Formulieren wir etwas als Ziel, das uns nicht gefällt, und das wir zukünftig nicht mehr wollen (ein so genanntes „Vermeidungsziel“), verleiten wir unser Gehirn regelrecht dazu, sich den nicht gewünschten Zustand bewusst zu machen, und ihn im Sinne einer „sich selbst erfüllenden Prophezeiung“ quasi zu erzeugen!
Deshalb sollte ein Ziel positiv, als ein so genanntes „Annährungsziel“ formuliert werden. Denn nur so weiß unser Gehirn genau, auf was es zielen, worauf es sich hin bewegen soll! Die positive Zielformulierung wird jedoch noch unterstützt und verstärkt, wenn weitere Aspekte bedacht werden, die eng mit der Formulierungsweise eines Ziels zusammenhängen. Aus dem Kanon der zahlreichen Zielsetzungs- und Zielerreichungskriterien, die Sportler und Trainer bei der Zielformulierung bedenken sollten, sind das neben der grundsätzlich positiven Formulierung des Ziels insbesondere folgende Aspekte.
Konkrete, spezifische und terminierbare Ziele setzen
Wie oft hört man Menschen sagen, dass sie dieses oder jenes gerne erreichen „möchten“ oder „würden“. Zum Beispiel: „Ich würde gerne meine Leistung abrufen können“. Nun, wer möchte das nicht?!
Mit einer solchen Beschreibung im Konjunktiv fehlt einem Ziel jedoch sowohl das Konkrete als auch und ganz besonders die notwendige Selbstverpflichtung und Verbindlichkeit. Damit bleibt unklar und unspezifisch, was genau man bis wann und wo in welchem Kontext eigentlich erreicht haben will. In Bezug auf die in diesem Artikel erwähnten Zielsetzungs- und Zielerreichungskriterien motivieren Ziele zusammenfassend also dann besonders, wenn sie positiv, spezifisch, konkret, präzise und terminiert formuliert werden. Eine in der Gegenwartsform beschriebene Formulierung des Ziels verstärkt die Zielaussage meistens auch noch einmal.
Auf das oben genannte Ziel bezogen ist also beispielsweise eine bessere Formulierung: „Ich rufe im Wettkampf auf der Landesmeisterschaft im Oktober 2012 in Frankfurt meine Trainingsleistung zu 100 % ab!“
Realistische Ziele setzen
An dieser Stelle muss direkt noch ein weiteres und ganz wesentliches Kriterium im Rahmen von Zielsetzung und Zielerreichung in der Sportpsychologie angedeutet werden. Ohne Berücksichtigung dieses Punkts liefe jegliche Auseinandersetzung mit der Zielthematik letztlich ins Leere: Nämlich die Frage nach der „angemessenen Größe“ des Ziels, beziehungsweise die Klärung der Frage, wie realistisch es ist, dass der Sportler sein Ziel erreicht.
Denn zu niedrig angesetzte Ziele motivieren nicht wirklich, da der Sportler ja von Anfang weiß, dass er das Ziel definitiv erreicht. Er macht dafür also nicht mehr als nötig. Unrealistisch hoch angesetzte Ziele dagegen, bei denen Sportler spüren, dass sie diese überhaupt nicht erreichen können, führen möglicherweise zu Frustration und Resignation, eventuell bis hin zu Versagensängsten.
Motivierend ist ein Ziel ganz besonders dann, wenn es machbar, aber „anspruchsvoll“ ist. Das heißt, der Sportler muss seine Stärken und Fähigkeiten einsetzen, um sein Ziel zu erreichen. Es muss eine positive Herausforderung für ihn darstellen. Gleichzeitig muss das Ziel für den Sportler aber auch wirklich realistisch, also erreichbar sein.
Jörg Schönenberg