Sportpsychologie – Zielsetzung: Wie gut ist Ihr sportliches Ziel formuliert? Über Vermeidungsziele und Annäherungsziele

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oder „Denken Sie nicht an den rosaroten Panther!“

Ziele entfachen ihre volle Wirkungskraft auf unsere mentalen und emotionalen Prozesse, also auf unsere Motivation, nämlich erst und nur dann, wenn sie ganz bestimmte Kriterien erfüllen.

Diese so genannten Zielkriterien sind zahlreich und überaus komplex. Letztlich ist die gesamte Zielthematik alles andere als banal, nämlich ein durchaus anspruchsvolles Themengebiet. Sie ist aber gerade auch im Sport so wichtig, da die Zielsetzung für die Motivation eine elementare Maßnahme darstellt. Deshalb ist das Zielsetzungstraining nicht selten ein konkretes Thema, bei dem Athlet und/oder Trainer im Rahmen des gesamten Trainingsprozesses oder beispielsweise auch für jede Wettkampfsaison immer wieder auf die Unterstützung eines ausgebildeten Sportpsychologen zurückgreifen.

Von den zahlreichen Kriterien, die zu berücksichtigen sind, wenn ein Ziel erfolgreich gesetzt und umgesetzt werden soll, wird an dieser Stelle beispielhaft ein konkretes Kriterium dargestellt. Auf den ersten Blick handelt es sich nur um einen kleinen Teilaspekt der gesamten Zielsetzungsthematik. Wird diese „Kleinigkeit“ jedoch nachlässig behandelt, kann das die Zielerreichung bereits empfindlich stören! Und zwar geht es hierbei um die Frage, ob ein Ziel positiv oder negativ benannt wird, beziehungsweise als so genanntes „Annäherungsziel“ oder „Vermeidungsziel“ formuliert wird.

 

Eine Anekdote zur Verdeutlichung

Der Autor genießt es, am Bonner Rheinufer zu joggen. Die Wege dort werden auch von Fahrradfahrern genutzt. Regelmäßig gehen Wegabschnitte ineinander über und werden meistens durch deutlich erkennbare Begrenzungspfosten voneinander getrennt. Vor einiger Zeit hörte der Autor, als er noch ca. 100 Meter von einem dieser Begrenzungspfosten entfernt war, wie ein Vater seiner jungen Tochter, mit der er anscheinend mit dem Fahrrad unterwegs war, folgenden gut gemeinten Rat gab: „Pass auf den Pfeiler da vorne auf, konzentriere dich, damit du bloß nicht gegen den Pfeiler fährst!“ Nun, in genau diesem Moment überholte das Mädchen den Autor, der nun bereits ahnte und schließlich auch Zeuge wurde, wie die junge Fahrradfahrerin mit voller Konzentration Maß auf besagten Pfeiler nahm und ihn mit traumwandlerischer Sicherheit traf! Glücklicherweise kam sie mit dem Schrecken davon.

Was ist hier geschehen? Denn die Tochter sollte den Pfeiler doch eben nicht treffen! Es handelt sich hierbei um das in der wissenschaftlichen Forschung relativ bekannte und immer besser untersuchte Phänomen, dass unser Gehirn sich Verneinungen (Negationen) in Form von inneren Vorstellungsbildern genauso vorstellen muss wie eine positive Beschreibung eines Gedankeninhalts. Wenn ich Ihnen also jetzt sage: „Denken Sie nicht an den rosaroten Panther!“, zwinge ich Sie förmlich, an ihn zu denken. Um nicht an ihn zu denken, müssen Sie sich erst einmal ein inneres Vorstellungsbild des rosaroten Panthers machen, um dann in einem zweiten Schritt vielleicht wieder an etwas ganz Anderes zu denken. Aber man kann einen Gedanken nicht nicht haben.

 

Was bedeutet das für die Zielsetzung?

Im Hinblick auf das Thema „Zielsetzung/Zielerreichung“ können wir daraus lernen, dass die Zielformulierung immer positiv sein sollte. Denn wenn ich etwas benenne, das ich vermeiden will, hole ich mir das Nicht-Gewünschte gerade dadurch ins Bewusstsein. Und jetzt habe ich ein Problem, denn ich muss mich erst mal mit dem Nicht-Gewünschten auseinandersetzen. Ein und dasselbe Thema kann man also negativ oder positiv formulieren. Ein Sportler, der sich zum Beispiel immer wieder Sorgen um die Stärke der Konkurrenz macht, könnte sein Ziel für den nächsten Wettkampf theoretisch auf diese beiden Arten festlegen:

1) „Ich gehe ohne Angst vor der Konkurrenz in den nächsten Wettkampf!“ oder

2) „Ich bin im nächsten Wettkampf voller Selbstvertrauen!“

Ein und dasselbe Thema kann also auf zwei ganz verschiedene Arten verbalisiert werden. Die erste, negative Zielformulierung provoziert geradezu die Angst des Sportlers vor seinen Gegnern, weil er seinem Gehirn ungewollt den Auftrag erteilt hat, sich mit ihr zu befassen. Dagegen ist die zweite Formulierung geeignet, den erwünschten Zielzustand des Sportlers zu erzeugen.

 

Vermeidungsziele

Formulierung 1 zählt in der wissenschaftlichen Forschung tendenziell zu den „Vermeidungszielen“. Das sind Ziele, die sprachlich genau den Zustand ausdrücken, zu dem man Distanz aufbauen will und der eigentlich vermieden werden soll. Bei dieser Zielart mit einer negativen Zielbeschreibung ist der Kernaspekt, dass man sich nur von etwas wegbewegen möchte, etwas nicht mehr haben möchte. Man weiß aber nie, wohin man genau will, also wo genau das Ziel liegt. Deshalb hat der Sportler in diesem Falle nie wirklich Kontrolle darüber, ob er auf dem richtigen Weg ist, wie weit er noch vom Ziel entfernt ist, oder ob er es erreicht hat. Elementar für die Leistungsfähigkeit des Sportlers ist in diesem Zusammenhang auch, dass ein Sportler, der ein Vermeidungsziel aktiviert hat, tendenziell zu negativen Emotionen und ängstlicher Anspannung neigt. Somit wird psychische Energie an Negatives gebunden und steht damit nicht mehr zu einer proaktiven Zielerreichung zur Verfügung.

 

Annäherungsziele

Formulierung 2 ist ein Beispiel für ein „Annäherungsziel“. Hierbei hat der Sportler ein klares Ziel vor Augen. Es ist für ihn besser kontrollierbar, weil er weiß, wohin er will. Wenn man sich auf ein Ziel zubewegt (also ein „Annäherungsziel“ im Fokus hat) geht das meistens mit einem guten Gefühl/Zustand einher, ganz im Gegensatz zu den „Vermeidungszielen“. Diese positiven Emotionen bei der Annäherung auf ein Ziel verstärken wiederum die Motivation, dem Ziel ein weiteres Stück näher zu kommen. Dies wiederum fördert die Erreichung des Zustands der optimalen Leistungsfähigkeit. Gestalten Sie deshalb die Formulierungen für Ihre Ziele mit Achtsamkeit und Bedacht. Denken Sie positiv, und gehen Sie voller Selbstvertrauen in den nächsten Wettkampf!

 

Jörg Schönenberg

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