Immer wieder wird auf die Bedeutung eines Trainingstagebuches hingewiesen. In diesem Beitrag wollen wir Ihnen aufzeigen, was mit solch einem Tagebuch beabsichtigt wird, was Sie dabei beachten sollten und welcher Aufwand zu rechtfertigen ist.
Wer regelmäßig Ausdauersport betreibt, verfolgt in der Regel das Ziel, Wettkämpfe zu bestreiten oder zumindest eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit zu erreichen. Gerade am Anfang des Trainings stellen sich Erfolge sehr rasch ein, auch wenn die jeweiligen Disziplinen nur unregelmäßig und ziellos ausgeführt werden. Mit der Zeit werden die Leistungssprünge allerdings weniger ausgeprägt. Es kann sogar sein, dass die Form stagniert oder in bestimmten Phasen rückläufig ist.
Ein Beispiel
Ein Mann mittleren Alters beschließt, zur Steigerung der Fitness mit dem Laufen zu beginnen. Die Laufrunde durch den Stadtwald fällt zunächst schwer, geht aber bereits nach einigen Wochen auch ohne Gehpausen immer leichter von der Hand. Unser Läufer meldet sich jetzt bei einem Volkslauf über 5 km an. Die anzustrebende Zielzeit von 30 Minuten wird ganz vorsichtig kalkuliert und prompt unterboten. Euphorisch werden die nächsten Läufe ins Auge gefasst, das Training auf der Hausrunde forciert. Nach einiger Zeit fällt auch die 25-Minuten-Marke. Im nächsten Jahr soll der Lauf unter 20 Minuten möglich sein. Doch hieran scheitert der Läufer plötzlich. Auch ein weiterer Versuch bleibt erfolglos. „Was hast du denn trainiert?“, fragt ihn der zu Rat gezogene Trainer aus dem heimischen Laufverein, worauf ihm der deprimierte Sportler nur eine vage Antwort zu geben vermag: „So 2- bis 3-mal pro Woche eine Runde im Wald, vielleicht 60 Kilometer im Monat“.
Das Beispiel aus dem Traineralltag zeigt, dass ein aufgezeichnetes Training immer dann hilfreich sein kann, wenn man selbst oder andere Personen einen Trainingsprozess beurteilen sollen. Da Häufigkeit, Umfang und Intensitäten von Trainingseinheiten in der subjektiven Rückschau meist immer ungenauer werden, muss es eine schriftliche Aufzeichnung geben.
Standardisierte Angaben
Die im Tagebuch festgehaltenen Angaben müssen für den Sportler selbst und vor allem für Außenstehende verständlich und nachvollziehbar archiviert werden. Eine Angabe wie „10 km lockerer Dauerlauf“ oder „Hausrunde, Durchschnittspuls 150“ reicht dann nicht aus.
Wichtig bei der Beurteilung der erbrachten Leistung ist stets die Trainingsintensität objektiv anzugeben sowie Distanzen nachvollziehbar aufzuzeichnen. Schließlich weiß ein Trainer nicht, wie lange und wie kupiert Ihre Hausrunde ist. Auch der Trainingspuls, beispielsweise für ein Grundlagentraining, kann sich mit der Zeit ändern und ist von Sportler zu Sportler unterschiedlich. Ebenso werden Belastungen nicht immer treffend eingeschätzt. So können ehrgeizige und leidensfähige Sportler eine Intensität weit jenseits des objektiven Grundlagenbereichs noch als locker oder angenehm empfinden, während gemütlichere Zeitgenossen kurze Intervallabschnitte als unmenschliche Tortur ablehnen. Ohne Angabe von individuell bestimmten Trainingsbereichen fällt es dann schwer, mögliche Unter- oder Überlastungen im täglichen Training zu identifizieren.
Ergänzt werden sollten diese Pflichtangaben durch weitere Faktoren, die auch einen Einfluss auf den Wirkungsgrad des Trainings haben können. Im Lauftraining ist vor allem das Streckenprofil von Interesse. Ebenso im Radtraining, wo zusätzlich Temperatur, starker Wind oder Fahren in der Gruppe notiert werden sollten. Andernfalls könnte es in der Rückschau zu Missverständnissen kommen, wenn eine Radrunde mit einem Stundenmittel von sehr flotten 30 km/h angegeben ist, der Duchschnittspuls allerdings im unteren Grundlagenbereich liegt.
Einfache Tabelle oder komplexe Software?
Oft liegen den höherwertigen Pulsuhren oder Radcomputern Programme bei, die bei der Archivierung der Trainingseinheiten sehr hilfreich sind. Diese Lösungen haben den Vorteil, dass viele Informationen zum Training (Dauer, Herzfrequenz, Strecken, Höhenmeter, Route, Temperatur und einiges mehr) ganz automatisch gespeichert werden. Es geht aber auch eine Nummer kleiner und ohne teure Geräte. Schon eine einfache Excel-Tabelle reicht aus, um die wichtigsten Fakten innerhalb einer Minute aufzunehmen. Das Ergebnis könnte dann beispielsweise so aussehen:
März 2013 | |||||
---|---|---|---|---|---|
Tag | Disziplin | Beschreibung | Gesamtdauer | Gesamtumfang | Bemerkungen |
Fr, 1.3. | Laufen |
Intervalle, 6-mal 1000 m in 4 Min 20 (Ga2, Puls 152-160) jeweils 1 Min Trabpause, lockeres Ein- und Auslaufen |
55 Min | 10 km | Zunächst locker, ab dem 5. Intervall deutliche Ermüdung |
Sa, 2.3. | Rad | Vereinsausfahrt wellig, Ga1 (Puls 131-142), 400HM | 180 Min | 85 km | – |
So, 3.3. | Laufen | Dauerlauf Ga1 (Puls 140-144), flach | 60 Min | 11 km | Regen, schwere Beine |
Mo, 4.3. | Ruhetag | Leichter Muskelkater | |||
… |
Motivationsfaktor Trainingstagebuch
Unweigerlich wird sich mit den regelmäßigen Eintragungen ein Nebeneffekt einstellen, der auch zur Trainingsoptimierung beitragen kann: Ähnlich einem Haushaltsbuch oder Ernährungstagebuch werden „Sünden“ schonungslos offengelegt. Wer tagelang keine Eintragung vornehmen kann, merkt, dass der innere Schweinehund mal wieder stärker war. So werden mitunter Trainingseinheiten nur absolviert, um die Lücken im Tagebuch nicht allzu groß werden zu lassen. Ebenso wird die tägliche Laufrunde verlängert, damit der Trainingsumfang des Vormonats überboten wird. Beides trägt dazu bei, den Trainingsalltag immer fordernder zu gestalten, was für eine weitere Leistungsentwicklung notwendig ist.
Vor allem bei Leistungssportlern wird der gegenteilige Effekt des Tagebuchs interessant. Solch motivierte Sportler mit hoher Trainingsleistung streben weniger danach, den inneren Schweinehund zu überlisten, sondern Leistungssteigerungen durch einen immer weiter gesteigerten Umfang zu erzwingen. Ein dadurch allzu einseitiges Training, fehlende oder unzureichende Regenerationsphasen nach intensiven Trainingsperioden oder vor Wettkämpfen sind dann meist für Leistungsdefizite verantwortlich und durch die Aufzeichnungen gut zu identifizieren.
Fazit
Das Pflegen eines Trainingstagebuchs motiviert und hilft, das Training auch nach längerer Zeit zu analysieren und Veränderungen zu planen. Dabei sind letztlich alle Mittel und Methoden geeignet, die das Aufzeichnen, Archivieren und Weitergeben mit wenig Aufwand und nachvollziehbar ermöglichen. Ein Tagebuch-System, welches mit einem unverhältnismäßig hohen Zeitaufwand verbunden wäre, ist aber nicht zu empfehlen. Vor allem Sportler, welche ohnehin wenig Trainingszeit zur Verfügung haben, sollten die Zeit besser in eine zusätzliche Trainingseinheit investieren.
Lesen Sie auch: Saisonplanung im Ausdauersport
Daniel Kilb