Schnellkraft: Schnelligkeit ist ein Attribut, das in nahezu jeder Sportart eine entscheidende Rolle spielt. Folglich hat das Schnellkrafttraining in der modernen Trainingspraxis einen hohen Stellenwert. Die elementaren drei Eigenschaften dabei sind Schnellkraft, funktionelle Schnelligkeit und Agilität. Doch wie kann man sie gezielt und effektiv trainieren? In diesem Artikel erfährst du die 5 wichtigsten Prinzipien für ein erfolgreiches Schnellkrafttraining!
Schnellkraft Definition
Schnellkraft ist die Fähigkeit, sich mit Kraft × Schnelligkeit zu bewegen. Der Begriff Schnellkraft (englisch: Power) verwirrt Athleten oft, weil er oftmals fälschlicherweise als Synonym für Kraft verwendet wird. Tatsächlich fehlt es vielen großen, starken Männern – ironisch Powerhouses genannt – im Vergleich zu kleineren Athleten an Schnellkraft. Schnellkraft ist eine Mischung aus Kraft und Schnelligkeit.
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Echte Schnellkraft liegt irgendwo in der Mitte. Sie speist sich aus der Summe von Geschwindigkeit und Maximalkraft. Je größer der Widerstand, desto mehr Maximalkraft und weniger Geschwindigkeit und umgekehrt. Diesen Mittelweg zu echtem Schnellkrafttraining begeht man weder durch das Absolvieren von Übungen mit geringem Widerstand (wie Schlagen oder Treten) noch durch den Versuch, große Hanteln zu stemmen, sondern durch schnelles Bewegen des eigenen Körper(gewicht)s, wie es Akrobaten oder Parkourläufer tun. Das ist Schnellkraft in der Athletik.
Schnellkraft trainieren
Warum sind reine, traditionelle Körpergewichtsmethoden so wichtig für das Schnellkrafttraining? Im Gegensatz zu möglichen Annahmen lege ich keinen gesteigerten Wert darauf, weil ich die meiste Zeit meiner Trainingskarriere in einer Zelle ohne Ausrüstung zugebracht habe. Ich hebe sie hervor, weil sie in jedem Fall die überlegene Trainingsmethode sind.
Nehmen wir Explosivität: Ein Athlet kann nur dann als explosiv charakterisiert werden, wenn er in hohem Maß über drei Fähigkeiten verfügt: Schnellkraft, funktionelle Schnelligkeit und Agilität. Nur wenige der heutzutage verwendeten Methoden können diese drei Fähigkeiten zusammen aufbauen.
Schnellkraft Übungen
Tipp 1
Betrachten wir uns die drei modernen Hauptmethoden und vergleichen sie mit Calisthenics wie Flips, Muscle-ups und Kip-ups. Die drei modernen Methoden sind:
- Kastenarbeit (z. B. plyometrische Kastensprünge oder Kasten-Push-ups)
- Kegeltraining (z. B. in einer Halle im Zickzack um Kegel laufen)
- Olympisches Gewichtheben (z. B. sogenannte schnelle Lifts wie Snatches, Cleans und Jerks)
Um herauszufinden, ob diese Methoden die drei für unsere Definition eines explosiven Athleten notwendigen Fähigkeiten trainieren, müssen wir drei Fragen stellen:
- Schnellkraft: Muss sich der Athlet mit Maximalkraft und Schnelligkeit bewegen?
- Funktionelle Schnelligkeit: Wird der ganze Körper schnell bewegt?
- Agilität: Muss der Körper bei hoher Geschwindigkeit die Richtung wechseln?
Bodyweight-Training ist effektiver!
Kastenarbeit (Plyometrie) trainiert Schnellkraft, denn eine Last wird schnell bewegt. Sie trainiert auch funktionelle Schnelligkeit, denn der ganze Körper wird bewegt. Aber Kastenarbeit tut nichts für Agilität – die meisten Techniken sind nur Varianten von Auf- und Abwärtsbewegungen. Andere Winkel habe keine Chance, was für echte Agilität notwendig wäre.
Kegeltraining trainiert Agilität, denn der Körper wird gezwungen, in hoher Geschwindigkeit radikal seine Richtung zu ändern. Es trainiert auch funktionelle Schnelligkeit, denn der ganze Körper bewegt sich schnell. Aber weil die Widerstände ziemlich gering sind, sich kaum von denen des Laufens unterscheiden, kann keine Schnellkraft aufgebaut werden. (Einer der Gründe, warum Kegelübungen in Schulen so populär sind: die geringen Widerstände. Diese Übungen sind recht sicher, und jeder kann mitmachen, egal, wie schwach er oder sie ist.)
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Vergleiche nun die drei mit Calisthenics-Methoden: Kip-ups, Frontflips, Backflips und Muscleups. Diese Übungen punkten mühelos, denn sie fordern alle einen schnell zu bewegenden Widerstand (die Körpermasse) – Schnellkraft. Sie verlangen zudem, den ganzen Körper schnell zu bewegen – funktionelle Schnelligkeit. Und auch Agilität ist gefragt, denn der Körper muss mit hoher Geschwindigkeit die Richtung wechseln. Das ist in Flips und Kip-ups offensichtlich, wenn der Körper zum Abheben, Drehen und Landen in unterschiedliche Richtungen arbeitet, aber es stimmt auch für den Muscle-up: Die einleitende Kippbewegung verlangt vom Körper schnelle Richtungsänderungen – ein ideales Schnellkrafttraining!
Schnellkraft Übungen – Tipp 2: Sei Spartaner!
Traditionelle Körpergewichtsübungen sind nicht nur die besten Übungen für Explosivität, sondern auch die praktischsten. Sie sind Low- bis Null-Tech, das heißt, man braucht nicht viel. Oft genügen nur der Boden, eine Wand und eine Stange. Für explosive Flips gibt man Übenden im Club meist Gummibänder, die sie im Muscle-up unterstützen. Turner nutzen Schaumstoffgummimatten, Blöcke, Keile und Kabel und derlei mehr. Trainer verlassen sich heutzutage auf solche Sachen aus Unsicherheit. Die Geräte vermitteln die Illusion von Sicherheit. Und es ist wirklich eine Illusion. Auf einer Schaumstoffmatte kann man sich ebenso das Genick brechen wie auf Gras, wenn man falsch trainiert.
Wenn du gerade mit Körpergewichtstraining loslegen willst und dich fragst, ob du nicht besser in einen Verein gehst und dort mit Tonnen von Ausrüstung Flips, Kip-ups und Muscle-ups sicher lernst, denke daran: Unzählige deiner Vorfahren haben diese Techniken schon 1000 v. Chr. beherrscht, also bevor dieser ganze Müll erfunden wurde. Er ist meiner Meinung nach schlimmer als nutzlos. Das Spielzeug hält nur auf. Mache einen großen Bogen drum!
Spartanisch trainieren heißt auch allein trainieren. Das ist mir sehr wichtig. Ich hatte viele sagenhaft gute Lehrer, trainiert habe ich aber allein. Anstrengung und Disziplin in Einsamkeit sind ein spiritueller Aspekt meines Trainings. Es ist mir egal, ob du im Keller deiner Eltern haust oder in einem Militärcamp in Afghanistan. Finde etwas, woran du dich hängen kannst, und du hast alles, was du brauchst, um ein Meister explosiver Calisthenics zu werden.
Schnellkraft Übungen – Tipp 3: Nutze Ganzkörpertraining!
Im echten Leben kommt man nie nur mit einem schnellen Arm oder Fuß aus. Manche reden von Boxern mit »schnellen Händen«, aber das ist das falsche Wort. Tatsächlich gehört zu einem Boxpunch der ganze Körper: Beine, Hüfte, Rumpf, Schultern und Arme. Alles muss schnell sein, oder es gibt keine Schnelligkeit. Das Gleiche gilt für Tritte. Frage einen Kampfsportler nach »schnellen Füßen« – er wird dir klarmachen, dass Oberkörper und Hüfte für die Geschwindigkeit genauso wichtig sind.
Die Brutalität des echten Lebens beweist, dass wir einen schnellen Körper statt schneller Körperteile brauchen. Im Kampf, in Militärübungen, im Sport musst du deinen ganzen Körper bewegen. Schnelle xbox-Finger nutzen dir zum Bewegen einer vollen Mülltonne mit rostigen Rändern wenig. Du kannst spezielle Schnelligkeitsübungen – wie Kartenschnippen und -fangen oder Münzen schnappen, die vom Ellbogen fallen – schlicht vergessen. Es gibt keinen Transfer. Solche Fertigkeiten – auch Jonglieren, was manche Boxer praktiziert haben – sind zu speziell. Du gewinnst durch dieses Schnellkrafttraining in anderen Bereichen nichts hinzu.
Ganzkörperübungen bauen ganzheitliche Schnelligkeit auf. Der Körper ist eine wahre Gestalteinheit – das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Ein Sportler, der zum Entwickeln von Schnellkraft jede Körperzone isoliert behandelt, kann sich nie so schnell oder flüssig bewegen wie ein Athlet, der diese Zonen zusammen trainiert. Wenn du dich mit Hardcore-Krafttraining auskennst, dann verstehst du sehr gut, dass die stärksten Männer und Frauen die sind, die ihren Körper mit ganzheitlichen Übungen belasten, mit Übungen, die das Potenzial des Systems maximieren. Das Schnellkrafttraining ist genau so.
Schnellkrafttraining Tipp 4: Konzentrier dich auf wenige Übungen!
Dieses Prinzip schließt an das zuletzt erwähnte an. Wenn du dich auf Übungen konzentrierst, die den ganzen Körper trainieren, brauchst du nicht viele davon. Ansonsten würdest du dich nur wiederholen und deine Zeit verschwenden.
Wenn du wirklich in kürzester Zeit monströse Schnellkraft, Schnelligkeit und Agilität aufbauen willst, halte dich an eine Handvoll Bewegungstypen, in denen du fühl- und messbar immer besser wirst (das ist Progression, das nächste Prinzip). Weil auch Ganzkörperübungen den Körper immer etwas unterschiedlich trainieren, weise ich meine Schüler an, sich nur wenige Calisthenics-/Akrobatikübungen herauszusuchen, mit denen sie alle Grundlagen abdecken. Nutze deine Zeit und trainiere nur mit Übungen, die maximale Athletik verlangen!
Für mich sind folgende sechs Bewegungen für ein Hardcore-Explosivtraining ideal:
- Sprung – für Haltung, explosives Springen, Hocke in der Luft und Landung
- Explosiver Push-up – um die Schultern und Arme auf Hochgeschwindigkeitsbewegungen vorzubereiten und die Reflexe der oberen Extremitäten zu verbessern
- Kip-up – für Schnelligkeit/Schnellkraft in Hüfte und Taille im Höchstmaß und um Agilitätsgrundlagen zu entwickeln
- Vorwärtsrotation – für Vorwärtsdrehung in optimaler Geschwindigkeit
- Rückwärtsrotation – für Rückwärtsdrehung in optimaler Geschwindigkeit
- Aufschwung – um den Körper mit maximaler Schnellkraft und Koordination nach oben zu ziehen
Natürlich kannst du mit der Zahl Sechs experimentieren. Vielleicht trainierst du lieber mit vier Bewegungen oder auch mit sieben. Als Faustregel gilt: Mit weniger als sechs Bewegungen fehlen Schnelligkeits-/Schnellkraftschlüsselfertigkeiten, und mit mehr als sechs riskierst du Überlastung.
Schnellkrafttraining Tipp 5: Sei progressiv!
Auch dieses Prinzip schließt wieder an das vorangegangene an. Wenn du mit nur wenigen Bewegungen trainierst, ist es nicht sinnvoll, immer dieselben Techniken zu wiederholen. Dein Ziel muss sein, Progressionen, also immer schwierigere Varianten dieser Bewegungen, zu absolvieren.
Wie in allem, was zunächst unmöglich scheint, liegt auch beim Schnellkrafttraining der Schlüssel zum Erfolg darin, die Dinge Schritt für Schritt anzugehen. Beachte, dass du nicht jede Progression nur einmal ausprobierst und dann, sobald es geklappt hat, zur nächsten hetzt – das bringt nichts. Im Mittelpunkt der gesamten Vorgehensweise steht die Liebe zu jeder einzelnen Progression. Schlachte sie aus, so gut du kannst. Du wirst kein besserer Athlet, wenn du dich an Progressionen festbeißt, die du zuerst nicht so gut kannst. Du wirst ein besserer Athlet, indem du dir die Zeit nimmst, mit den Progressionen zu trainieren, die du schon gut beherrschst.
Autor: Paul Wade
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