Richtig trinken während Ausdauerbelastungen

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Richtig trinken während Ausdauerbelastungen: Wie errechnen Sie Ihren grundsätzlichen Flüssigkeitsbedarf und wie setzt sich dieser zusammen? Welcher Mehrbedarf entsteht während Ihres Trainings? Zum Thema Trinkmanagement während sportlicher Belastung gehen die wissenschaftlichen Meinungen auseinander – wir stellen sie Ihnen vor.

Das Trinkverhalten beim Sport

Der menschliche Organismus benötigt Nährstoffe zur Erhaltung all seiner Körperfunktionen. Die Nährstoffe werden in Wasser, Makronährstoffe und Mikronährstoffe eingeteilt. Für alle Lebensformen ist Wasser aus physikalischer sowie aus biochemischer Sicht der wichtigste aller Nährstoffe. Ohne Wasserzufuhr kann ein Mensch unter optimalen Bedingungen nur etwa eine Woche überleben. Besonders im Konditionstraining spielt die Flüssigkeitsaufnahme bei der Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit eine herausragende Rolle.

Um den Wassergehalt des Körpers weitgehend gleichbleibend zu halten, müssen Sie die Wassermengen, die pro Tag ausgeschieden werden, wieder zuführen. Bei mitteleuropäischen Klimabedingungen beträgt der tägliche Wasserumsatz eines Erwachsenen in Ruhe ca. 6 % des Körperwassergehalts. Dies sind rund 2,0 l bei der erwachsenen Frau, rund 2,5 l beim erwachsenen Mann. Bei einem Leistungssportler hingegen beträgt der Umsatz insgesamt sogar ca. 3,0–3,5 l. Häufig wird als Faustregel angegeben, dass die Gesamtwasserzufuhr etwa 1 ml/kcal betragen sollte. In der Regel entspricht das Trinkvolumen dem Urinvolumen.(1)

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Wieviel Wasser braucht der Körper?

Der individuelle Wasserbedarf hängt neben dem Körpergewicht, dem Geschlecht und dem Lebensalter noch von zahlreichen Faktoren wie klimatischen Bedingungen, körperlicher Aktivität, Krankheit, Höhe, etc. ab. Auf der „Ausgabenseite“ der Wasserbilanz stehen die Wasserabgabe über die Nieren (Urin), die Lunge (Atmung), die Haut (Schweiß) und den Darm (Stuhl). Auf der „Einnahmenseite“ der Bilanz steht die Wasserzufuhr in Form von Getränken, von in fester Nahrung enthaltenem Wasser und von Stoffwechselwasser, dem sogenannten Oxidationswasser. Oxidationswasser entsteht beim Abbau der Hauptnährstoffe.

Hierbei werden 107 ml Wasser aus 100 g Fett (F), 41 ml Wasser aus 100 g Protein (E) und 55 ml Wasser aus 100 g Kohlenhydraten (KH) gebildet, die Ihrem Körper dann zur Verfügung stehen. Ebenso entsteht Wasser beim Abbau von Glykogen zu Glukose. Pro Gramm abgebautem Glykogen stehen dem Organismus 3 ml Wasser zur Verfügung. Der zuletzt genannte Punkt wird allerdings nicht in die Berechnung der Wasserbilanz einbezogen. Tabelle 1 zeigt ein Beispiel für die Wasserbilanz (ml/Tag) eines Erwachsenen, geltend für einen Energieumsatz von 2.650 kcal/Tag.

Die Energiemenge aus der festen Nahrung setzt sich folgendermaßen zusammen: 58 g/T Eiweiße entsprechen bei 4,1 kcal/g Eiweiß etwa 237 kcal, 80 g/T Fette entsprechen bei 9,3 kcal/g Fett etwa 744 kcal und 407 g/T Kohlenhydrate entsprechen bei 4,1 kcal/g Kohlenhydrat etwa 1668,7 kcal. In Tabelle 1 entspricht die Gesamtwasserzufuhr in ml dem Energieumsatz in kcal. Je weniger man isst, desto mehr sollte man trinken, denn bei geringerer Nahrungsaufnahme fehlt es an in Lebensmitteln enthaltenem Wasser und an Oxidationswasser. Außerdem fallen weiterhin harnpflichtige Substanzen an.(2)

Wieviel Wasser braucht der Körper beim Sport?

Wie bereits geschildert, gibt es zahlreiche Faktoren, die den Flüssigkeitsbedarf des Organismus erhöhen. Dies gilt insbesondere für Ausdauersportarten in unterschiedlichen Umgebungstemperaturen. Nämlich, wenn die Körperkühlung durch Verdunstung des Schweißes zum wichtigsten Mechanismus der Temperaturregulation wird. Der eigene ungefähre Mehrbedarf an Flüssigkeit während sportlicher Belastung lässt sich leicht selbst ermitteln. Man errechnet den Flüssigkeitsverlust durch Schweiß, indem man sich vor und nach dem Sport unbekleidet wiegt.

Die Blase sollte leer sein und Getränke, die man während des Sports getrunken hat werden nicht mitgerechnet. Nun entspricht der Gewichtsverlust ca. dem Flüssigkeitsverlust. Die Formel lautet: Schweiß (l) = Gewicht vorher (kg) – Gewicht nachher (kg) + Getränkezufuhr (kg oder l). Hierbei unberücksichtigt bleibt der Gewinn an Oxidationswasser aus der Kohlenhydrat- und Fettverbrennung, da durch Glykogenabbau bzw. Triglyzeridabbau Wasser freigesetzt wird. Dieses steht dem Organismus zur Verfügung und lässt den Verlust an fester Körpermasse geringer erscheinen. Die Faktoren lassen sich allerdings bei Belastungszeiten unter 5 Std. vernachlässigen.

Wie trinke ich richtig beim Sport und während Ausdauerbelastungen?

Nun können allerdings die vom Organismus produzierten absoluten Schweißmengen pro Stunde von ca. 0,5–1,7 Litern höher sein als der Organismus in dieser Zeit in der Lage ist Wasser aufzunehmen. Intensive sportliche Belastungen bei großer Hitze und hoher Luftfeuchtigkeit können durchaus zu Schweißverlusten von ca. 2,0–2,5 l/h führen. Wobei beim Radfahren der Flüssigkeitsverlust pro Stunde geringer ist als beim Laufen. Hinzu kommt, dass die Schweißrate von Individuum zu Individuum sehr stark variieren kann. So ist es nicht immer möglich und nach neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen auch nicht zwingend nötig, die Schweißverluste direkt während der Belastung auszugleichen.

Man unterteilt die sportbezogene Flüssigkeitszufuhr in 3 Phasen: 1. Trinkportionen vor dem Trainings- bzw. Wettkampfbeginn bezeichnet man als „Prähydratation“. 2. Während der Belastung spricht man von „Hydratation“. 3. Nach dem Training, während der Regenerationsphase, spricht man von „Rehydratation“. Es sei darauf hingewiesen, dass sich die Begrifflichkeiten bezüglich der sportbezogenen Flüssigkeitszufuhr in der Literatur unterscheiden und es so zu Missverständnissen kommen kann.

So wird zum Beispiel das Trinken vor dem Training bzw. Wettkampf auch als „Hyperhydratation“ und das Trinken während Belastung als „Rehydratation“ bezeichnet. Im vorliegenden Artikel wird sich an die zuvor beschriebenen 3 Phasen der sportbezogenen Flüssigkeitszufuhr gehalten. Als Regel für den Flüssigkeitsersatz gilt nach Scheck: 2 Stunden nach der körperlichen Belastung sollte das Körpergewicht wieder dem Gewicht vor Belastungsbeginn entsprechen.(1)

 

Wasseraufnahme Wasserabgabe
Getränke 1.440 Urin 1.440
Wasser in fester Nahrung 875 Stuhl 160
Oxidationswasser 335 Haut 550
Lunge 500
Gesamtwasserzufuhr 2.650 Gesamtwasserabgabe 2.650

Wann trinke ich richtig? Strategien zur Hydration

So werden immer wieder Strategien zu optimalen Zeitpunkten und Trinkmengen im Sport entwickelt. Wichtig dabei ist, dass aufgrund großer Unterschiede von Klimabedingungen, Umgebungstemperaturen und der individuellen Faktoren wie Schweißsekretion und Schweißkonzentration kaum fixe Empfehlungen zur Flüssigkeitszufuhr gegeben werden können. Die Empfehlungen der pro Stunde aufzunehmenden Flüssigkeitsmengen schwanken zwischen 0,6 und 1,0 Liter. Sie gehen in der Regel von mittleren Flüssigkeitsverlusten aus und ergeben sich aus der maximalen Magenentleerungsrate pro Stunde. Die Magenentleerungsrate und die intestinale Wasserabsorption pro Stunde sind limitiert.

Kritische Überlegung zur Hydratation

Nicht außer Acht gelassen werden sollte, dass es im Einzelfall bei striktem Einhalten solcher Empfehlungen zu Störungen des Flüssigkeitshaushalts kommen kann: bei wesentlich höherer Schweißrate zu Dehydration, bei wesentlich niedrigerer Schweißrate zu Hyperhydratation. Die Hyperhydratation birgt wiederum die Gefahr der Hyponatriämie.

Wird der große NaCl- und Flüssigkeitsverlust mit einer natriumarmen bzw. natriumfreien Lösung wie Wasser ersetzt, so dass das extrazelluläre Flüssigkeitsvolumen entweder gleich bleibt oder ansteigt, kommt es zu einer Abnahme des Natriums im Serum. In einem großen Teil der Fälle kommt die Hyponatriämie durch einen Flüssigkeitsüberschuss zustande.

Durst als natürliche Steuergröße

Bei den meisten Autoren wird Durst als natürliche Steuergröße des Flüssigkeitsbedarfs ausgeschlossen. Begründet wird dies mit dem natürlichen Trinkbedürfnis eines Sportlers, das erst eintrete, wenn er sich bereits in einem potentiell leistungsmindernden Dehydratationszustand befände. Da aber heutzutage nicht mehr von leistungsmindernden Dehydrationszuständen während Wettkämpfen ausgegangen wird, stellt der Durst, so die Meinung einiger Wissenschaftler, einen optimalen Steuermechanismus dar. Trinken nach Belieben scheint die Leistungsfähigkeit zu optimieren.

So ist Ihr Organismus nicht mit der Verstoffwechselung von unnötigen Wassermengen beschäftigt. Das Vorhandensein von Durst und nicht die Berechnung sollte als biologisches Signal zum Trinken gewertet werden. In der Praxis verlieren Ausdauerathleten bis zur Ankunft im Ziel eines Ironman bis zu 13% ihres Gesamtkörperwassers. Es liegen keine Studien vor, die beweisen, dass dies die Leistungsfähigkeit der Athleten beeinträchtigt.(4)

  1. Urinvolumen entspricht Trinkvolumen
  2. 78,9 ml/MJ (0,33 ml/kcal)
  3. Protein 58 g/Tag (9 % der Gesamtenergie), Fett 80 g/Tag (27 %), Kohlenhydrate 407 g/Tag (63 %)
  4.  ~ 250 ml/MJ (1 ml/kcal) 5 Errechnet für den Durchschnitt der Altersgruppe 19 bis unter 51 Jahre. Die Werte wurden absichtlich wenig gerundet, um die Nachvollziehbarkeit ihrer Berechnungen zu gewährleisten

Hanna Sandig

Literatur

  1. Scheck (2005): Top Leistungen im Sport durch bedürfnisgerechte Ernährung. Münster: Philippka Sportverlag
  2. DGE – Deutsche Gesellschaft für Ernährung (Hrsg.) (2000): Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. Frankfurt am Main: Umschau Braus
  3. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin (1999), Bd. 50 (11+12), S. 375–279
  4. Annals of Nutrition and Metabolism (2010), Bd. 57 (2), S. 9–17

Fachsprache leicht gemacht

  • PAL-Wert – physical activity level (PAL), stellt den durchschnittlichen täglichen Energiebedarf für körperliche Aktivität als Mehrfaches des Grundumsatzes dar.
  • Magenentleerungsrate – Entleerung des Magens pro Zeiteinheit
  • Intestinale Wasserabsorption – Wasseraufnahme im Dünndarm durch die Darmwand in den Organismus
  • Hyperhydratation – Überschuss an Gesamtkörperwasser
  • Hyponaträmie – zu niedriger Natriumspiegel im Blut
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