Krafttraining: Was ist besser, schweres Gewicht oder viele Wiederholungen? Welche Steuerungsparameter kann ich beim Krafttraining anwenden? Und was verbessert letzten Endes die Leistung – die Last oder die Wiederholungen?
Krafttraining und Muskelaufbau: Gewicht, Belastung, Wiederholungen
Training der Kraft oder der Ausdauer lässt sich über die Parameter Umfang, Dichte, Häufigkeit und Intensität steuern. Während beim Ausdauertraining die Belastungsintensität über die Herzfrequenz, die Laufgeschwindigkeit oder die Leistungsmessung beim Fahrrad exakt gesteuert werden kann, sind beim Krafttraining weichere Steuerungsparameter bekannt.
Neben der Wiederholungsanzahl wird oft die prozentuale Belastungsintensität auf die einmal bei einer maximalen, willkürlichen Kontraktion zu bewegende Last bezogen. Ausgehend von diesem Einerwiederholungsmaximum (Repetition Maximum – 1 RM) wird die Belastungsintensität je nach Trainingsziel reduziert. Ob dies eine praxisnahe Möglichkeit zur Trainingssteuerung ist, muss jedoch aufgrund verschiedener Studien bezweifelt werden.
Krafttraining: Trainingssätze und Wiederholungszahlen
Krafttraining wird im Allgemeinen in Trainingssätzen und in Wiederholungszahlen angegeben. Zudem kann die Belastungsintensität in Relation zur Maximalkraft angegeben werden. Es wird in der Literatur beispielsweise davon ausgegangen, dass bei einer Last, die bei ca. 75–85 % der individuellen Maximalkraft liegt, 8–12 Wiederholungen ausgeführt werden können. Mit anderen Worten: Wenn Sie also 100 kg im Bankdrücken einmalig gerade so schaffen, sollten folglich bei 85 kg Last ungefähr 8 Wiederholungen möglich sein.
Lässt sich die Maximalkraft exakt bestimmen?
Um mit der anteiligen Relation des 1 RM arbeiten zu können, müsste dieses also zunächst einmal valide bestimmt werden. Dies führt in der Trainingspraxis jedoch zu Problemen. In einem Fitnessstudio ist eine solche Aufgabe personell kaum stemmbar. Zudem ist das Erfassen des Einerwiederholungsmaximums bei einem Trainingsanfänger eher problematisch, da diese die Zielbewegungen ohnehin selten unmittelbar korrekt beherrschen.
Ähnlich wie bei der Herzfrequenz ist das Bestimmen der Maximalwerte zudem stark motivationsabhängig. Zudem gibt es Unterschiede in der Anzahl der maximal möglichen Wiederholungszahlen bei verschiedenen Übungen und einer bestimmten Intensität. Bei 80 % des 1 RM unterscheidet sich die Anzahl der maximal möglichen Wiederholung in Abhängigkeit davon, ob als Trainingsübung das Bankdrücken, die Kniebeuge oder der Latzug gewählt wird.(1)
Wie lässt sich die Trainingsintensität im Krafttraining beschreiben?
Im Ausdauertraining wird die Intensität der Trainingsbelastung über die Belastungsherzfrequenz angegeben. Die Intensität gibt so Informationen über die zugrundeliegende Beanspruchung des Organismus auf der Ebene der Energiebereitstellung und des Atemstoffwechsels.
Beim Krafttraining hingegen wird die Intensität beim Betrachten der Relation zur Maximalkraft allein auf die bewältigte Last bezogen und gibt so nicht den Grad der Ausschöpfung des Stoffwechsels oder der Beanspruchung an. Gerade beim Zuordnen der Trainingsziele zu einem Krafttraining ist die Kenntnis von der mechanischen Beanspruchung oder der muskulären Ausbelastung von Bedeutung.
Unterschiede in der Kraftrelation
In einer Studie der Universität des Saarlandes wurden Sportstudierende mit Krafttrainingserfahrung an der Beinpresse oder am Latzug getestet.(1) Die Maximalkraft wurde jeweils isometrisch erfasst um einen Näherungswert für das Bestimmen der dynamisch-konzentrischen Maximalkraft zu haben. Zudem wurden jeweils die Lasten für 90 %, 80 %, 70 % und 60 % ermittelt.( 1)
In jeweils separaten Terminen wurde die maximale Wiederholungszahl für die verschiedenen Intensitätsbereiche ermittelt. Es zeigte sich, dass sowohl die Trainingsübung als auch die Trainingserfahrung einen Einfluss auf die zu realisierende Wiederholungszahl hatten.(1) Bei 80 % der Maximalkraft konnten beispielsweise beim Latzug im Mittel 9,8 Wiederholungen geleistet werden, bei der Beinpresse hingegen 17,5 Wiederholungen.
Des Weiteren spielt bei der Anzahl der zu realisierenden Wiederholungen auch die Trainingserfahrung bzw. die Hauptsportart eine wichtige Rolle. So können Ausdauersportler und Sportler aus Ballsportarten unterschiedliche Wiederholungszahlen bei einer gegeben Intensitätsvorgabe realisieren. Die Vorstellung, von der Maximalkraft auf die zu bewegenden Lasten schließen zu können, scheint somit überholt zu sein.
Belastung und Auslastung
Die in der Studie angeführten möglichen Wiederholungszahlen lassen die Interpretation zu, dass eine Trainingssteuerung anhand der Relation zur Maximalkraft eine zu geringe Trainingsintensität zur Folge hat.(2) Werden beispielsweise wie angegeben bei einer Intensität von 80 % des 1 RM 17 Wiederholungen durchgeführt, ist die Wiederholungszahl für ein Hypertrophietraining viel zu hoch.
Die hier notwendigen hohen Spannungen können eher bei Wiederholungszahlen von 8–12 bzw. 8–10 erreicht werden.(3) Grundlegend ist somit das Steuern des Krafttrainings über die Anzahl der maximal zu bewältigenden Wiederholungen vielversprechend. Hier wird das Gewicht von Satz zu Satz angepasst und die Wiederholungszahl jeweils in den Bereichen gehalten. Auf das Ermitteln der Maximalkraft können Sie somit verzichten.
Zählen Sie die Wiederholungen
Die Belastungsintensität ist ein wichtiger Indikator, um die Wirkung eines Krafttrainings zuordnen zu können. Anpassungen auf tendomuskulärer Ebene, bei denen strukturelle Veränderungen an den Muskeln und dem Sehnenapparat erkennbar sind, müssen klar abgrenzbar sein von anderen Trainingseffekten. Dies sind Anpassungen auf der Ebene der Nervenzellen, die den Muskel aktivieren, der Motoneuronen, bei denen durch Krafttraining ein verändertes Innervationsverhalten evoziert wird.(2)
Die Frequenz der Impulse und das synchrone Aktivieren der Fasern sowie das Rekrutieren von Muskelfasern sind hier wichtige Anpassungsprozesse. Aufgrund der Wiederholungszahl und den bekannten physiologischen Reaktionen von Motoneuronen und den Prozessen der Muskelhypertrophie kann den verschiedenen Wiederholungsbereichen eine Wirkung zugeschrieben werden. Dabei passt man die Last jeweils so an, dass die Anzahl der Wiederholungen bei muskulärer Ausbelastung in den genannten Bereichen bleiben. Das ermöglicht ein effektives Steuern des Trainings.
Maximalkraft | Hypertrophie | Kraftausdauer | |
---|---|---|---|
Wiederholungszahl | 1–4 | 8–12 | 20–30 |
Intensität | maximal | submaximal | hohe Laktatkonzentration – maximale Auslastung |
Satzzahl | abhängig von der Trainingsübung | hängt von der Trainingsübung ab | abhängig von der Trainingsübung |
Satzpause | 5-6 Min | 2-4 Min | 2 Min |
Übungen pro Muskelgruppe | 1 | 2-5 | 3 |
Übungen pro Trainingseinheit | 4-5 | 6-10 je nach Split | 4-5 |
Muskelwachstum | X | XXX | X |
Neuronale Anpassungen | XXX | XX | X |
Ausschöpfen des energetischen Potentials | X | XX | XXX |
Tab. 1: Trainingsbereiche
Krafttraining steuern ist Belastungsphysiologie
Die Wirkung von Krafttraining ist ebenso komplex, wie die Anpassungsmechanismen vielfältig sein können. Deshalb ist es notwendig, dass der Trainer einmal die Zielstellung des Sportlers berücksichtigt und im Falle eines Leistungssportlers eine Analyse aller leistungsrelevanten Faktoren der Trainingsplanung zugrunde legt. Die Methoden unterscheiden sich dabei grundlegend erst einmal nicht, denn das Hypertrophietraining mit dem Ziel, die Muskelfasern im Training anzusprechen, ist sowohl im Fitnesstraining bei Männern und Frauen sowie im ergänzenden Krafttraining von Ballsport bis Ausdauersport die Basis. Bei einer Wiederholungszahl zwischen 8 und 12 Wiederholungen ist dieser Bereich anzusiedeln. Die Gewichtsbelastung wird in den folgenden Serien jeweils angepasst.
Die in der Sportpraxis oftmals verbreiteten Annahmen zum Training werden von aktuellen Daten zum Krafttraining widerlegt. So werden im Fitnessstudio oftmals Trainingsmethoden mit geringen Lasten und gleichzeitig hoher Wiederholungszahl zur Körperstraffung empfohlen. Physiologisch wirken hohe Wiederholungszahlen bei geringer Intensität jedoch primär auf die lokale Fähigkeit der Energiebereitstellung bzw. der Entspeicherung energiereicher Phosphate. Physiologisch können Anpassungen durch Krafttraining entweder auf neuromuskulärer oder tendomuskulärer Ebene stattfinden.
Die aus der Fitnesswelt stammenden Begriffe wie „Straffung“ oder „Bodyshaping“ implizieren immer auch Gewichtsreduktion und sind daher alleine durch Krafttraining kaum erreichbar. Das Steuern der Krafftrainingsinhalte muss sich also nach den physiologischen Anpassungen richten, die angestrebt werden. Hierbei muss die Wiederholungszahl als ausschlaggebendes Steuerungsmittel angesehen werden.
Gewicht oder Wiederholung: Das Fazit
Aufgrund der physiologischen Trainingsanpassungen sind lediglich 3 Trainingsbereiche voneinander abzugrenzen. Die Wirkung grenzt man hierbei anhand der Wiederholungszahl innerhalb eines Satzes ab. Hierzu fehlen grundlegend jedoch für ein methodisch korrektes Vorgehen in der Trainingssteuerung weitere Informationen zur optimalen Trainingshäufigkeit.
So ist beispielsweise die Trainingsfrequenz für optimale Anpassungen im Bereich des Muskelwachstums nicht geklärt.(3) Einheitliche empirische Befunde liegen überdies hierzu ebenso wenig vor wie relevante Empfehlungen aus der Trainingspraxis. Allein die Untersuchung von Wirth konnte in Bezug auf das Hypertrophietraining einige wenige grundlegende Fragen hierzu klären.(3) So scheinen Krafttrainingseffekte von der Trainingserfahrung ebenso abzuhängen wie von der Intensität der Belastung.
Lesen Sie auch: Hanteldrücken aus der Kniebeuge
Literaturangaben
- Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, 1999, Bd. 50 (10), S. 311–315.
- Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, 1999, Bd. 50 (7), S. 223–234.
- Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, 2007, Bd. 58 (6), S. 178–183.