Prävention und Rehabilitation von Rückenproblemen mit der Langhantel

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Wir wollen Ihnen zeigen, dass gerade die Langhantel ein effektives und funktionelles Trainingsmittel ist, um auch Ihre Gesundheit zu schützen.

Sport und Bewegung haben großen Einfluss auf Ihre Gesundheit. Krafttraining für Ihre Muskulatur wirkt dabei auf vielen verschiedenen Ebenen und ist ideal, um Ihre Gesundheit zu bewahren oder bereits existierende Erkrankungen oder Verletzungen effektiv zu bekämpfen. In diesem Zusammenhang denken Sie sicher nicht unmittelbar an das „Gewichtheben“, dem leider immer noch viel zu oft eher mit Skepsis begegnet wird.

In der Rehabilitation von Verletzungen im Gelenkbereich aber auch von degenerativen Erkrankungen wie Arthrose oder Bandscheibenproblemen spielt das muskuläre Training eine sehr wichtige Rolle. Davon ausgehend, dass Muskeln die Gelenkbelastungen abfangen oder Ihren Rücken stabilisieren, nimmt man an, dass insbesondere das Krafttraining Patienten helfen kann, die Belastbarkeit zurückzugewinnen und wieder am Alltag teilnehmen zu können.

 

Prävention durch Krafttraining?

Krafttraining wird in der Behandlung von Patienten mit Beschwerden oder Schäden am Bewegungsapparat eingesetzt und spielt dort in Form von Übungen mit Zusatzlasten eine wichtige Rolle. Aber auch beim grundlegenden Vermeiden von Schäden und Schmerzen spielt das Krafttraining eine bisweilen unterschätzte Rolle. Dabei versuchen Krankenkassen das freiwillige Sportengagement durchweg zu fördern, indem Versicherten Ermäßigungen beim Besuch von Fitnessstudios gewährt oder Rückvergütungen angeboten werden. Grundlage solcher Förderungen sind Studien, die zeigen, dass mangelnde körperliche Fitness durchaus als Risikofaktor für die Schmerzstärke im Lenden- und Nackenbereich der Wirbelsäule gewertet werden muss.(1) Es zeigte sich, dass eine schwache Rückenmuskulatur – und somit eine geringe Kraftfähigkeit – zudem ein Risikofaktor für die Häufigkeit von Schmerzen in diesen Bereichen darstellt. Die Autoren folgern weiter, dass eine gute körperliche Fitness (insbesondere Kraftfähigkeit) schützende Wirkungen haben kann! Ähnliche Befunde sind auch für degenerative Erkrankungen der Gelenke bekannt.

 

Ihr Rückgrat: Die Wirbelsäule

Ihre Wirbelsäule dient dem Schutz des Rückenmarks, das eine wichtige Rolle in der Reizerzeugung und Reizweiterleitung spielt. Trotz dieser Schutzfunktion ist ein möglichst großes Ausmaß an Beweglichkeit und Flexibilität notwendig, bei gleichzeitig sehr großer Belastbarkeit. Die einzigartige Form der einzelnen Wirbelkörper, die über eine Bandscheibe miteinander in Verbindung stehen, garantiert die Möglichkeit den Rumpf beweglich zu halten. Die S-Form der Wirbelsäule mit den physiologischen Bogenformen erlaubt eine um das 10-fache erhöhte Belastbarkeit im Vergleich zu einem nicht gekrümmten Aufbau. Neben der Struktur aus Bandscheiben und Bändern bilden die Rumpfmuskeln eine Art federnden Aufbau, durch den Kompression abgefangen werden kann. Interessanterweise existieren Unterschiede in den Belastungen zwischen am Menschen gemessenen Gegebenheiten und den im Modell erfassten Kräften.(2) Die Unterschiede lagen bei über 1400 N, so dass davon ausgegangen werden kann, dass muskulären Kräften beim Stabilisieren und Ausgleichen eine große Bedeutung zukommt. Nun stellt sich die Frage, wie welche Muskeln trainiert werden müssen, um Entlastung zu garantieren.(3) Aufgrund von Untersuchungen aus den 1960er Jahren und dabei gemessenen sehr hohen Belastungen nahm man lange Zeit an, dass Belastungen negative Folgen haben müssen und zu vermeiden sind. Aus dieser Vorstellung entwickelte sich die Annahme, dass Bewegungen mit hohen Druckentwicklungen, wie z. B. Rotationen oder Krümmungen, eine Gefahr für die Gesundheit darstellen müssten.(3) Die Belastung wurde hierbei gleichsam als Überlastung gesehen, was sich durch biomechanische Berechnungen und Modelle zu bestätigen schien.(4) Hieraus entwickelten sich Übungsempfehlungen, denen eine möglichst geringe Belastung zugeschrieben wurde, wie z. B. Anheben der Beine bei Crunches oder Bankdrücken, um „Hohlkreuzbildung“ zu vermeiden. Auch eine Vielzahl von Maschinen und Trainingsgeräten wurde auf Basis dieser Annahmen zur Belastung entwickelt, mit dem Ziel die Belastungen im Bandscheibenbereich möglichst gering zu halten.

 

Krafttraining an Maschinen

Bei akuten chronischen Schmerzen ist der Einsatz von medizinischer Trainingstherapie in Form von „Krafttraining am Gerät (KGG)“ eine verbreitete Methode, um Lumbalextensoren, also die als „Strecker“ fungierenden Muskeln im unteren Rückenbereich, isoliert zu trainieren. In einer Langzeitstudie über einen Jahreslängsschnitt stellten beispielsweise Goebel und Kollegen fest, dass ein maschinengestütztes Krafttraining zu einem reduzierten Schmerzempfi nden führte und auch die Funktionskapazitäten verbesserte.( 5) Werden dem Krafttraining also zurecht positive Effekte zugeschrieben? Der Übertrag von einer isolierten Bewegung an einer Maschine hin zu dreidimensionalen Bewegungen ist nur schwer möglich. Im Alltag erwarten den Patienten jedoch Belastungen und Aufgaben, bei denen er sich im Raum bewegen muss und bei denen Rotationen, Beugen und Strecken kaum vermeidbar sind. In einer kanadischen Studie wurde entsprechend dieser Theorie die Wirkung eines kombinierten Krafttrainings untersucht.(6) Hierbei wurden Übungen mit freien Gewichten, Übungen an Maschinen und sogenannte Core-Übungen ohne Zusatzgewichte aufeinander abgestimmt und periodisiert. Der Fokus der Studie lag dabei auf der Wirkung hinsichtlich des Auftretens von Schmerzen und der Entwicklung der Kraftfähigkeiten bei Patienten mit unspezifi schen Rückenschmerzen im Lendenbereich. Das Krafttraining wurde dabei mit Lasten um 60 % der Maximalkraft und einer Wiederholungszahl von 10–12 ausgeführt.(6) Es zeigte sich, dass sowohl die Kraftfähigkeit des Oberkörpers, erfasst durch freies Bankdrücken, als auch die Kraftfähigkeit des Unterkörpers hochsignifi kant mit dem Schmerzempfinden und der Bewegungseinschränkung zusammenhingen. Veränderungen in den Kraftfähigkeiten könnten somit gute Prädiktoren für die Entwicklung der Beschwerden darstellen. Krafttraining kann direkt eine positive Entwicklung des Schmerzverhaltens unterstützen und Bewegungseinschränkung verbessern.

 

Übungen aus dem Gewichtheben in der Rehabilitation?

Die komplexen Hebetechniken aus dem Gewichtheben lassen sich auf Teilübungen herunter brechen. Zum Einsatz in der Rehabilitation und Prävention eignen sich insbesondere die Frontkniebeuge und die Reißkniebeuge. Auch das Kreuzheben kann gut in die Therapie von Rückenpatienten eingebaut werden. Fortgeschrittene Sportler und Menschen ohne akute Problemen ist das Standumsetzen zu empfehlen. Diese Übungen vereinen jeweils große Anforderungen an die Bewegungskoordination, die Gleichgewichtsfähigkeit und Propriozeption sowie die intermuskuläre Koordination. Diese Übungen ermöglichen es, spezifische Reize hinsichtlich Alltagsbelastungen wie dem Tragen von Einkaufstüten, dem Treppensteigen und anderen zu simulieren, da das freie Bewegen im Raum und das Stabilisieren wichtige Übungsbestandteile sind. Das Anpassen des Gewichts an die Fähigkeiten der Trainierenden muss selbstredend individuell erfolgen, so dass Einsteiger erst einmal mit einem Besenstil oder einem Plastikstab trainieren. Übungsscheiben mit einem großen Umfang und geringen Lasten um die 5 Kilogramm sind ebenfalls empfehlenswert, wenn Übungen wie das Kreuzheben eingeplant werden.

 

Fazit

In Bezug auf freie komplexe Krafttrainingsübungen herrscht nach wie vor Zurückhaltung beim Einsetzen dieser Übungen in anderen Zusammenhängen als dem Leistungssport. Diese Ängste sind insbesondere mit 3 grundsätzlichen Annahmen verknüpft, die jedoch allesamt unbegründet sind:

1. Das Lernen der Bewegungen ist sehr aufwändig und dauert sehr lange.

2. Fehlendes Wissen um die positiven Wirkungen der komplexen Belastungen für das Nervensystem, die Muskulatur und die Koordination.

3. Befürchtungen, ein solches Training sei „gefährlich“ oder „verletzungsanfällig“.(7)

Grundlegend dauert das Lernen komplexer Übungen nicht länger als das Erlernen von Bodenübungen wie dem Unilateralen Unterarmstütz oder Übungen auf instabilen Unterlagen wie dem Einbeinstand.(7)

Lesen Sie auch: Kreuzbandriss – Reduzieren Sie Ihr Risiko! 

 

Dennis Sandig

 

Literaturangaben:

1. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, Bd. 56 (2), S. 45–49.

2. Journal of Electromyography and Kinesiology, Bd. 13 (4), S. 371-379.

3. Bukac, D & Lemke, D, Biomechanische und trainingstheoretische Grundlagen der modernen Prävention und Rehabilitation von Rückenpatienten. www.bvdg-online.com, Zugriff am 02.05.2012.

4. Tittel, K. (1994). Beschreibende und funktionelle Anatomie des Menschen. 13. Völlig überarbeitete und erweiterte Aufl age. München: Urban & Fischer.

5. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, Bd. 56 (11), S. 388–392.

6. Journal of Strength and Conditioning Research, Bd. 25 (1), S. 242–251.

7. Strength and Conditioning Journal, Bd. 30 ( 6), S. 26–34.

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Dennis Sandig

Dennis Sandig arbeitete als Sportwissenschaftler am Institut für Sportwissenschaften der Julius-Maximilians Universität in Würzburg. Aktuell ist er bei der Deutschen Triathlon Union als Wissenschaftskoordinator und Referent für Bildung zuständig, sowie für das umfassende Aus- und Fortbildungsprogramm für Coaches im Triathlon.

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