Tendinitis ist eine Sehnenentzündung aufgrund von Überbeanspruchung, muskulärer Dysbalance, mangelnder Erholung oder plötzlicher Verletzung. Alles über Ursachen, Symptome und was nun zu tun ist, erfahren Sie hier im Artikel.
Was ist eine Tendinitis?
Die Sehne kann einer Belastung jetzt nicht mehr oder nur bedingt standhalten. Meist entwickelt sich eine Tendinitis, weil sich das Bindegewebe langsamer als die Muskulatur an Belastungen anpasst. Ein schneller Anstieg der Trainingsintensität oder ein hoher Trainingsumfang können das Bindegewebe überbeanspruchen, auch wenn die Muskeln in der Lage sind, die Leistung zu erbringen.
Was bedeutet Tendopathie?
Der Fachbegriff für jede Art von Schmerz oder Fehlfunktion von Sehnen ist Tendopathie. Es existieren unterschiedliche Meinungen, wie und ob man den Verlauf einer Tendopathie in einzelne Stadien einteilen kann.
Hier ein geläufiges Schema:
Das erste Stadium ist geprägt von einer Entzündung, »-itis«, durch akute Überbeanspruchung. Bei Nichtbehandlung dieser Entzündung dauern Schmerz oder Missempfindung rund eine Woche an. Anhaltende Belastungsreize führen zu einer Verlängerung dieses Zustandes auf bis zu ein oder zwei Monaten.
Ebenso ist ein Übergang in Stadium zwei möglich. Das zweite Stadium wird Tendinose genannt und bezeichnet einen chronischen Abbauprozess. Die Entzündung klingt nun ab und weicht einem massiven Schmerz, besonders bei Belastung, aber auch in Ruhe.
Stadium drei der Tendopathie ist gekennzeichnet durch Schwächung der Sehne mit möglichen Teil- oder Totalabrissen.
Die Entwicklung von einem wahrgenommenen Reizzustand der Sehne bis hin zum extremen Schmerz verläuft allerdings eher fließend, als dass man sie in einzelne Stadien einteilen könnte. Ohne eine Biopsie sind Sie auch nicht in der Lage zu beurteilen, ob es sich gerade um eine Tendopathie oder eine Tendinose handelt. Deshalb sollten Sie die Stadien als einen fortlaufenden Prozess betrachten und auf jeden Fall die Verletzung schrittweise zur vollen Ausheilung bringen.
Symptome einer Sehnenverletzung beim Krafttraining
- Stadium: Anzeichen für eine Tendopathie sind Wundheitsgefühl, Schmerz, Brennen, Schwäche oder auch andere subjektive Empfindungen während oder nach dem Training. Werden die Stress verursachenden Übungen weggelassen und dafür Beweglichkeitstraining mit rehabilitativen Maßnahmen kombiniert, klingen die Symptome ab. Eine Tendopathie kann allerdings auch völlig schmerzfrei verlaufen und sich eventuell nur in einer nicht erklärbaren Schwäche äußern. Sollten Sie diesen Verdacht hegen, dann konsultieren Sie einen Arzt.
- Stadium: Hier sind betroffene Sehne und die umgebende Muskulatur hart und steif, besonders nach Phasen von Inaktivität (z. B. morgens beim Aufwachen). Der Schmerz beim Training kann variieren, ist aber auch in Ruhe möglich. Manchmal verschwindet der Schmerz auch während des Aufwärmens und man denkt, man könne gut noch weiter belasten. Ein Verschwinden des Schmerzes während des Trainings ist trügerisch, deshalb sollte die Belastung für eine ausreichende Rehabilitation niedrig gehalten werden.
- Stadium: In diesem Stadium sollten Sie auf jeden Fall einen Arzt oder Therapeuten konsultieren.
Welche Sehnen sind beim Krafttraining am häufigsten von einer Verletzung betroffen?
- Bei der medialen Epikondylitis (Golfer-Ellbogen) ist die Innenseite des Ellbogens betroffen. Meist ausgelöst durch ein zu intensives Zugtraining.
- Laterale Epikondylitis (Tennis-Ellbogen) an der Ellbogenaußenseite resultiert aus einem Zuviel an Handgelenksextension.
- Die Tendopathie der Trizepssehne am Ellbogen entsteht aufgrund übertriebener Druckübungen und -belastung.
- Eine Tendopathie der Bizepssehne am Ellbogen wird durch ein zu intensives Zugtraining verursacht, kann jedoch auch durch eine Kompensation aufgrund einer eingeschränkten Schulterdynamik ausgelöst werden.
- Tendopathie des Handgelenks entsteht durch zu viel Arbeit am Computer oder extremer Extensionsoder Flexionsbelastung des Handgelenks.
- Tendopathie der Rotatorenmanschette (Schulter) wird durch eine übertriebene Überkopfarbeit beim Training oder von unkontrollierten Ruckbewegungen ausgelöst.
Was hilft bei einer Sehnenverletzung?
Ein guter Weg zur Ausheilung einer Tendopathie ist immer eine Kombination von Präventionstraining, Rehabilitationsübungen und Verletzungsmanagement.
Belastende Übungen weglassen
Vermeiden Sie alles, was die betroffene Struktur weiterhin belastet, um eine Verschlimmerung zu verhindern. Hören Sie auf Ihren Körper. Ständige Reizung einer Verletzung beeinträchtigt ihr Training erheblich. Allein die Vermeidung irritierender Übungen führt in 95 % der Fälle zur Ausheilung.
Haben Sie eine solche Übung ausgetauscht oder eine Sequenz weggelassen, können Sie diese, sobald sich ihr Zustand verbessert hat, jederzeit wieder aufnehmen.
Beweglichkeitsübungen
Neueste Untersuchungen zur Tendopathie zeigen, dass Bewegung günstiger ist als absolute Schonung. Die Bewegung der Sehnen unterhalb der Reizschwelle ermöglicht die nötige Heilungsprozesse und verhindert Atrophie. Ein oder zwei Wochen Beweglichkeitstraining dürften eine leichte Tendopathie beseitigen, da die initiale Entzündungsreaktion eine Heilung unterstützt. Das bedeutet nicht, dass Ihr Training völlig ausfallen muss.
Steigerung der Übungsintensität
Vermeiden Sie einfach die Übungen, die die Struktur überlasteten. Führt diese Vorgehensweise zum Erfolg, beginnen Sie wieder Ihr Training mit 40 % Umfang oder Intensität (je nach Übung). Da eine erneute Reizung der betroffenen Sehne schnell entstehen kann, steigern Sie nur um 10 % pro Woche. Bei Anzeichen eines Rückfalls gehen Sie sofort einen Belastungstag zurück. Durch dieses vorsichtige Vorgehen vermeiden Sie die Entwicklung eines chronischen Zustands.
Leider reagiert eine chronische Tendopathie nicht unbedingt positiv auf dieses Konzept. Verschwindet die Tendopathie nicht binnen weniger Wochen, sollten Sie davon ausgehen, dass es sich um ein fortgeschritteneres
Stadium handelt. In diesem Fall muss anders therapiert werden: Rehabilitative und präventive Übungen in Verbindung mit Massagen sind hier gefragt, um eine Heilung zu fördern. Alle belastenden Übungen, müssen selbstverständlich weggelassen werden.
Eigenmassage
Massagen können den Zustand des Bindegewebes verbessern, indem sie sowohl helfen, das Gewebe parallel zum natürlichen Entzündungprozess zu entspannen und neu auszurichten, als auch verhindern, dass eventuell Narbengewebe oder Verklebungen zu Bewegungseinschränkungen beim betroffenen oder umgebenden Bereich entstehen. Eine Durchblutungssteigerung der Sehne ist – nach Stand der aktuellen Forschung – falsch.
Bestimmte Massagetechniken können hilfreich sein, jedoch sollte die Sehne selbst nicht intensiv massiert werden. Geeignet erweisen sich Querfriktionen (quer zum Sehnenverlauf) und myofasziale Entspannungstechniken (parallel zum Sehnenverlauf).
Sind Sie in der Lage, den entsprechenden Muskel zur Sehne zu lokalisieren, so können Sie versuchen, ihn über die eben genannten Techniken zu entspannen. Ziel ist es, zu verhindern, dass die Sehne nicht permanent unter Spannung steht und somit zusätzlich gereizt wird.
Querfriktionen und myofasziale Entspannung
Nutzen Sie Querfriktionen und myofasziale Entspannung im Bereich zwischen den angrenzenden Gelenken, um ein optimales Funktionieren der umgebenden Muskulatur zu gewährleisten und die betroffene Struktur maximal zu entlasten. Bei einer medialen Epikondylitis massieren Sie alle Muskeln zwischen Schulter und Hand und bei einer patellaren Tendopathie alle zwischen Fuß und Hüfte.
Sie können dies auch durch eine leichte (!) Massage auf der Sehne selbst ergänzen und beobachten, ob es hilft. Die Sehne kann recht empfindlich sein, deshalb beginnen Sie sanft, denn zu intensive Gewebetechniken
könnten die Verletzung verschlimmern.
Weitere manuelle Massagetechniken bei Sehnenverletzung
Weitere manuelle Massagetechniken, die infrage kommen, sind die Graston-Technik, ART (antiretrovirale Therapie), Triggerpunktbehandlung, Übungen mit Schaumstoffrolle, Golf- oder Tennisball. Am besten besprechen Sie mit Ihrem Therapeuten oder Arzt die passende Vorgehensweise
Planen Sie 5–30 Min. Massage pro Tag für den entsprechenden Muskel. Befinden sich auch Verspannungen in der umgebenden Muskulatur, so behandeln Sie diese mit. Die Massagedauer kann bei Bedarf auch über den Tag verteilt werden.
Wärme oder Wechselbäder
Mit abwechselndem Einsatz von Eis zu Wärme und Wechselbädern konnten bisher überaus positive Effekte erzielt werden. Erfahrungsgemäß günstig sind Einheiten von 2–5 x 15 Min. pro Tag. Bei Wechselbädern sollten Sie minütlich zwischen kaltem Wasser oder Eiswasser und heißem Wasser bei fünf bis acht Durchgängen abwechseln.
Sanftes Dehnen bei Sehnenentzündungen
Stretching hat sich bei der Vorbeugung sowie Ausheilung von Verletzungen bewährt. Besonders entscheidend ist dies bei Sehnenentzündungen mit gleichzeitiger Muskelverhärtung und eingeschränkter Beweglichkeit.
Grundsätzlich ist die Dehnung immer sinnvoll, wenn Schmerzen zur Verhärtung von Muskulatur führen.
Es müssen die Agonisten gedehnt werden – also die Muskeln, die zur betroffenen Sehne gehören –, weil sie durch Überlastung und Schmerz verkürzen und verhärten, was zusätzlich die Sehne reizt.
Dazu kommt, dass bei einseitiger Belastung immer eine muskuläre Dysbalance besteht. Dies bedeutet Stress für Gelenke und den zugehörigen Sehnen-Band- Apparat. Ein Ausgleich der Dysbalance und die Entspannung der Muskeln sollte eine gute Gewebefunktion ermöglichen.
Konzentrieren Sie sich auf die Dehnung der betroffenen Agonisten und die Kräftigung der entsprechenden Antagonisten. Handelt es sich um eine mediale Epikondylitis am Ellbogen, so dehnen Sie Ihre Unterarmbeuger und kräftigen Sie Ihre Unterarmstrecker.
Bei einer patellaren Tendopathie dehnen Sie Ihre vordere Oberschenkelmuskulatur und kräftigen Sie die hintere.
Leichte exzentrische Übungen
Untersuchungen haben wiederholt gezeigt, dass exzentrische Übungen die erfolgreichste Maßnahme zur Behebung einer Tendopathie sind. Sie verbessern die Kollagenbildung und normalisieren die Struktur der Sehne. Beachten Sie, dass die Qualität einer Bewegungsausführung der betroffenen Muskulatur aufgrund der Kompensation von Schmerzen mangelhaft sein kann.
In diesem Fall tragen exzentrische Übungen ebenfalls dazu bei, das neuromuskuläre Zusammenspiel wieder zu reorganisieren. Beginnen sie mit sehr leichtem Gewicht und führen Sie den exzentrischen Anteil der Bewegung langsam und gewissenhaft durch. Er sollte 5–7 Sek. dauern.
Bei deutlichen Fortschritten können Sie vorsichtig den konzentrischen Anteil dazunehmen. Die konzentrische
Arbeit kontrolliert, aber nicht schnell, mit Pausen an den Endpunkten, die exzentrische langsamer.
Starten Sie mit 20 WH pro Satz und erweitern Sie erst auf 30–50 WH, bevor Sie die Intensität erhöhen oder Gewicht dazunehmen. So kann sich der Körper an die Belastung gewöhnen, ohne einen Rückfall oder eine neue Verletzung zu riskieren. Vermeiden Sie auf jeden Fall eine erneute Reizung.
Fazit
Grundsätzlich sind Schmerzen kein verlässlicher Indikator zur Einschätzung einer adäquaten Belastung. Rehabilitation kann mit oder ohne Schmerzen zum Erfolg führen. Deshalb sollten Sie rehabilitative Maßnahmen immer in Absprache mit einem kompetenten Therapeuten betreiben.
Quelle: Overcoming Gravity – Schwerkraft überwinden
Das Handbuch für systematisches Bodyweight-Training und Gymnastik
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